Flusslandschaft 1978

Alternative Ökonomie

„MOFA – Moneten für Alternativen – Auf allen Gebieten ist die Abkehr vom Bisherigen dringend notwendig. Ernährung, Landwirtschaft und Medizin, Bauwesen, Verkehr und Raumplanung, Energieversorgung und Abfallbeseitigung sind wohl die wichtigsten, die für den Fortbestand des Lebens maßgebend sind. Aber ebenso wichtig ist, auch bei Geld und Finanzgeschichten neue Wege zu gehen. Unsere Gegner sind die Einflussreicheren, nicht zuletzt durch die Verfügungsgewalt über große Kapitalmassen. Auch unsere persönliche Kraft steckt in diesem Kapital. Denn die Spargelder die wir einer beliebigen Bank anvertrauen, fließen vielfach als Kredite in lebensfeindliche Industrie- und Staatsunternehmen ein und unterstützen dadurch die Erzeugung von entwerteter Nahrung, chemischer Arznei, Atomkraftwerken, Wohnsilos und vielen anderen schädlichen Dingen. Auf der anderen Seit wird dadurch verhindert, dass alternativ tätige Unternehmer und Kollektive unser Geld als Kredit erhalten. Es ist deshalb an der Zeit, nicht nur die Ideenkräfte zur Verbesserung der Lebensqualität einzusetzen, sondern auch unsere Finanzkräfte zu sammeln. Zu diesem Zweck müssen Wege gefunden werden, um Sparer und Kreditnehmer zusammenzuführen. Diejenigen, die ihr Geld vorübergehend nicht brauchen, sollen es denjenigen leihen oder schenken, die Bedarf haben. Die Kreditsucher sind da, aber die Geld- und Kleingeldbesitzer kennen sie nicht oder vermissen die Sicherheit. Zusammenschluss kann sie bieten. Wer also Interesse hat, mitzuarbeiten an der Mofa oder am Alternativfond, möge massenhaft kommen: ins Ansbacher Schlößl am Dienstag, den 31. Januar, 21.00 Uhr.“1

Acht KollektivistInnen gründen 1978 das Café Ruffini mit angeschlossener Backstube in Neuhausen im Stil einer italienischen „Cantina“ (Weinkeller bzw. Weinausschank). Der selbstverwaltete Betrieb, mittlerweile eine Münchner Institution, hat fünfundzwanzig GesellschafterInnen. Kollektiv bedeutet im Ruffini: Vernetzung und Teamwork sind entscheidend. Kollektiv bedeutet auch: Alle fünfundzwanzig Gesellschafter tragen Verantwortung. Entscheidungen werden, wo immer möglich, im Konsens getroffen. Im Laufe der Jahre entwickeln sich Café, die Backstube mit Bäckerei und Konditorei sowie der eigene Weinimport (jeweils Groß- und Einzelhandel), der kleine Eckladen, die Küche, der Büffetservice, das Lokal und das Kulturprogramm. Das Angebot umfasst sowohl Produkte aus konventionellem als auch aus kontrolliert-biologischem Anbau.2

Am 24. und 25. Juni findet der „Alternative Jahrmarkt“ auf dem Roncalliplatz an der Ecke Barer- und Gabelsbergerstraße in der Maxvorstadt statt. Es geht den AkteurInnen vor allem um die Verbindung zwischen theoretischen Ansprüchen und praktischer Verwirklichung eines ökologischen, alternativen Lebensstils.3


1 Blatt. Stadtzeitung für München 113 vom 27. Januar 1978, 3.

2 Vgl. www.sub-bavaria.de.

3 Vgl. „Alternativer Jahrmarkt“ in Blatt. Stadtzeitung für München 122 vom 9. Juni 1978, 9 f. und 123 vom 23. Juni 1978, 18 f.

Überraschung

Jahr: 1978
Bereich: Alternative Ökonomie

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