Flusslandschaft 2024

Behinderte


10. August, Marienplatz, 14 bis 22 Uhr: Randgruppenkrawall. Patricia Koller, Vorsitzende des Be-
hindertenverband Bayern
e.V.: „Bei der Veranstaltung tauchen wieder mehrere Redner*innen ein in die Vergangenheit, in der es im Zuge des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten zum systematischen Massenmord an kranken und behinderten Menschen kam. Wir gedenken traurig der unschuldigen Opfer und warnen davor, wie schnell ein Rechtssystem kippen kann. Zudem verdeutlichen wir natürlich die Situation in der Gegenwart und dass es hier noch sehr viel Hand-
lungsbedarf seitens der Politik gibt. Mittelpunkt des Randgruppenkrawalls unter der Organisation des Behindertenverband Bayern e.V. sind immer die Redner*innen, die selbst betroffen oder Ange-
hörige sind sowie Sachverständige.“ Frau Koller in ihrer Rede: „Es gibt zu viele Barrieren, mit denen wir im Alltag zu kämpfen haben. Das beginnt bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, der Suche nach barrierefreien Arztpraxen oder Veranstaltungsorten. Und es geht weiter mit den Kämpfen mit den Krankenkassen, Problemen mit Pflegediensten und Sanitätshäusern. Sogar im eigenen Zuhause sind viele Beeinträchtige mit massiven Schikanen konfrontiert. Nur jede fünf-
zigste Wohnung in Deutschland ist barrierefrei gestaltet. Am schlimmsten und unnötigsten finde ich persönlich die Behinderung durch die Behörden, den Bürokratie-Irrsinn und den undurch-
schaubaren Paragraphendschungel.“ Sie wünscht sich ein bundesweit funktionierendes Be-
schwerdesystem. Für sie ist klar: „Deutschland ist auch heute noch behindertenfeindlicher, als viele glauben.“ Christian Ude beklagt in seiner Rede, dass es Menschen gebe, die wollten, „dass Rollstuhlfahrer aus ihrer Umgebung verschwinden, weil ein so strapaziöser Anblick die Grund-
stückspreise senken würde.“ Er fordert, auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität müssten „am Leben uneingeschränkt teilnehmen können“. Die nach Ansicht des Verbands kaum stattfin-
dende Inklusion an Bayerns Schulen ist ebenfalls ein Thema. „Wir brauchen mehr Schulbegleiter“, so Koller. Klar ist: Ohne diese können viele beeinträchtigte Kinder keine Regelschule besuchen, mitunter noch nicht einmal eine Förderschule. In Bayern besuchten trotz Anspruch auf den Besuch einer Regelschule zuletzt sogar noch mehr Jungen und Mädchen eine Förderschule als noch vor einigen Jahren. Bayernweit gehen mehr als zwei Drittel der Schüler auf solche Schulen, die früher Sonderschulen hießen. Bis zu drei Viertel von ihnen verlassen diese separierten Bildungsreinrich-
tungen jedoch ohne jeden anerkannten Abschluss. Sozialbetreuerin Beate Jenkner kritisiert in ihrer Rede, dass Förderschüler besonders von physischer und psychischer Gewalt betroffen seien. Sie berichtet zudem über die berufliche Situation von Menschen mit Behinderung. „Viele werden in Werkstätten ausgebeutet.“ Für deren Betreiber seien diese dagegen „ein lukratives Geschäft“. Seit Jahren kämpften die Beschäftigten der Werkstätten erfolglos für einen Mindestlohn.

Überraschung

Jahr: 2024
Bereich: Behinderte