Flusslandschaft 1979
Gedenken
Franz Josef Strauß: „Wieso wartet das Fernsehen nur mit diesem Ausschnitt deutscher Geschichte auf? Wo bleibt dieser historische Eifer sonst? … Wer für die Ausstrahlung von ,Holocaust’ ist, muß die Jahrhunderte davor und die Jahrzehnte danach ebenso sehen und zeigen. Außerdem trägt eine solche Sendung insofern zu einer Geschichtsverfälschung bei, als der Eindruck erweckt wird, daß Brutalitäten und Scheußlichkeiten dieser Art sozusagen eine typisch deutsche Eigenart seien.“1
Achtundzwanzig Mitglieder der Anarchistischen Liga München (ALM) demonstrieren am 5. Mai
in einem Schweigemarsch vom Isar-Tor-Platz nach Stadelheim, um dort am Ort der Ermordung Gustav Landauers, dem Volksbeauftragten für Volksaufklärung der Räterepublik 1919, einen Kranz niederzulegen. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt verwehrt den Demonstranten den Zu-
tritt; nicht einmal außerhalb der Gefängnismauer darf der Kranz niedergelegt werden. Ein vor Ort anwesender Veteran: „Die wolln nicht, dass das noch jemand weiß.“2
Das Stadtmuseum zeigt die Ausstellung „Die zwanziger Jahre in München“. Neben expressionisti-
schen und realistischen Künstler wird auf die Revolution in München 1918/19 hingewiesen und Heinrich Ehmsens „Die Erschießung des Matrosen Eglhofer“ aus dem Jahr 1933, das ursprünglich in der Staatlichen Eremitage in Leningrad hängt, gezeigt. Benno Hubensteiner verrät in seinem „Betrachtungen eines Unpolitischen“ überschriebenen Beitrag, warum ihm diese Ausstellung über-
haupt nicht gefällt: „… Und was fehlt, ist etwas, das für München heute noch wesentlich ist: dass die Stadt auf der weiten Ebene vor den Bergen liegt und dass sie durchlebt wird vom Anhauch unseres Oberlandes und seiner gewachsenen volkhaften Kraft …“3
1 Welt am Sonntag vom 28. Januar 1979.
2 Blatt. Stadtzeitung für München 146 vom 18. Mai 1979, 13.
3 Münchner Stadtanzeiger vom 1. Juni 1979, 4.