Materialien 2024
Skurriler Antifaschismus
Lieber VAA,
wie ich gerade auf change.org lese, hast Du diesen Offenen Brief gegen die breit gefächerte Demo am 3. Oktober unterzeichnet (neben einigen anderen aus dem AK ver.di gegen rechts unter Anlei-
tung von Hedwig Krimmer). Du sprichst Dich also für die Aktion »Auf nach Berlin am 03.10.! Kei-
ne Bühne für Gauweiler, Pfanzelt & Co.!« aus als Ergänzung zur Petition »Sagt Nein! Gewerkschaf-
ter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden«.
Kommt mir irgendwie bekannt vor, sich zu beteiligen, aber dagegen zu sein.
Anstatt sich zu freuen, dass sogar ein ehemaliger Scharfmacher in und aus München zu besseren Erkenntnissen kommt. Nein, stattdessen soll er zusammen mit Ingrid Pfanzelt ausgeschlossen (neudeutsch: gecanzelt) werden. Das hilft sicher nicht, gegen die Kriegstreiber eine breite und große Demonstration zu schaffen.
Selbst bei den früheren AntiAtomwaffen-Demos der 80er Jahre, insb. der Anti-Pershing-Raketen-Demo im Bonner Hofgarten waren Rechtsaußen wie Mechtersheimer (CSU), Herbert Gruhl und der rechtsradikale Bauer Baldur Springmann dort – weil es auch um ihr eigenes, ganz privates Leben und evt. das ihrer Familien ging. Dieser Druck der Straße hat geholfen, diese Massenmord-
werkzeuge aus Europa und der Türkei wegzubringen und das Kernwaffenarsenal wenigstens zu verringern, gegenseitig zu überwachen und dazu entsprechende Verträge zu schließen (dass die Verträge dann der Reihe nach von der exzeptionellen Weltmacht in den letzten Jahrzehnten ge-
kündigt wurden, so dass der letzte von Russland auch nicht mehr verlängert wurde ––– das steht auf einem anderen traurigen Blatt).
Es hätte dem AK gut angestanden, wenn er sich weiterhin gegen DIE Rechtsradikalen in dem Wer-
tewesten geäußert hätte, die in den vergangenen 30 Jahren und insbesondere jetzt in & für die Re-
gierungen dieses Wertewestens (sog. Neocons) tätig sind, die atomaren Erstschlag mit den neuen Hyperschallraketen planen.
Bekannter Weise ziehen solche Raketenstandorte in Europa bzw. Deutschland die Gegenraketen geradezu magisch an – wie es die militärische Logik befiehlt. Das Inferno kommt danach. Das ex-
zeptionelle Land des Wertewestens bleibt, möglicher Weise, zunächst außen vor.
Aber solche allgemeinen Überlegungen gelten dann nicht mehr, wenn es gelingt, die schmale Basis der derzeitigen Friedensbewegung um durchaus bürgerliche Leute zu verbreitern. Dann kommen ZUSATZforderungen, am Besten angehängt an bestimmten Rednern oder Organisationen, diese Forderungen lauten dann: »Nicht mit dem, nicht mit der!« Seltsamer Weise kenn ich das immer noch wie vor 40 Jahren, als eine andere Person, aber dieselbe Organisation, diese ablehnende Rolle spielte, anscheinend ist es heute Hedwig Krimmer vom Arbeiterbund.
Wie sich manches wiederholt. Seltsam.
Mit friedlichen Grüßen
Werner
Hinweis: Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben. Film von Stanley Kubrick (1964)
zugeschickt am 29. September 2024