Flusslandschaft 1985
Schwule/Lesben
Bis Anfang der 80er Jahre gilt München für Schwule und Lesben neben Amsterdam und Berlin zu einer der beliebtesten europäischen Städte. Das ändert sich mit der „bayrischen Art“ der AIDS-Politik im Land. Mit AIDS kommen Schwule und die Szene dann, wenn auch sehr verzerrt und schräg, in die Medien. Kreisverwaltungsreferent Dr. Peter Gauweiler (CSU) entwickelt einen ersten Maßnahmenkatalog, der von der Absonderung HIV-Positiver bis hin zu Zwangstests reicht. Er lässt Lokale schließen, Einzelkabinen in Saunen verbieten. Er meint, das aktive Anbieten von Kondomen „verleite zur sexuellen Unzucht“. Es kommt zu gespenstischen Szenen. Nachts fahren Polizeifahrzeuge mit aufgeblendeten Scheinwerfern durch den Englischen Garten; Hunde bellen und Schwule, unter ihnen nicht wenige alte Männer, rennen voller Angst durchs Unterholz, um einer Razzia zu entgehen. Schwul sein bedeutet für viele immer noch das heimliche Ausleben der eigenen Veranlagung. Viele fürchten durch ein Outing um ihre berufliche und private Existenz. Einige Schwule wehren sich, gehen an die Öffentlichkeit, viele Schwule verlassen aus Angst vor Repressalien die Stadt. In monatlichen Treffen beginnen sich die Münchner Schwulengruppen zu vernetzen. — Im Sommer findet der Christopher-Street-Day (CSD) statt. — Gerd Wolter initiiert als erster schwuler Stadtrat die lesbisch-schwule Kulturwoche Viorosa im Münchner Stadtmuseum.