Flusslandschaft 1986

Schwule/Lesben

Engagierte Lesben holen das seit Anfang der 70er Jahre zunächst in Berlin, dann in verschiedenen westdeutschen Städten abgehaltene internationale Lesbenpfingsttreffen (heute: Lesbenfrühlings-
treffen) erstmals nach München. – Im Sommer findet der Christopher-Street-Day (CSD) statt. – Am 4. September als SchwuKK e.V. gegründet, führt das sub – Schwules Kommunikations- und Kulturzentrum München e.V. 2011 ein Café, das Zentrum in der Müllerstraße 43 im Glockenbach-
viertel, diverse Selbsthilfegruppen und das Beratungszentrum in der Pestalozzistraße 6. 2012 sollen alle Initiativen gemeinsam in der Müllerstraße 14 unterkommen.

Für sein neues Buch über AIDS schickt Matthias Frings Ronald M. Schernikau ins Schwabinger Krankenhaus; Schernikau interviewt Patienten, Pfleger und den AIDS-Spezialisten Dr. Jäger. Dieser erwähnt angesichts der ihn überfordernden vielfältigen Aufgaben seine Schuldgefühle und spricht davon, für einen Patienten zu wenig Zeit gehabt zu haben, worauf dieser sich beklagt habe. Schernikau meint, Jäger solle doch dem Patienten die Schuld geben. Darauf erwähnt der Arzt lachend, dass an der Wand der psychosomatischen Abteilung in großen Buchstaben „Scheißpa-
tienten“ gestanden habe: „Da hatte also wirklich jemand aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht, ich fand das ganz toll, weil, sonst heißt es ja immer, Scheißärzte, das kennen wir ja schon, und hier hat mal jemand geschrieben, Scheißpatienten, und das war befreiend. Sie sagen, warum geben Sie ihm nicht die Schuld. Natürlich, warum geb ich ihm nicht die Schuld.“1 Schernikau stellt seinem Text ein Brecht-Zitat voran: „Dass Leute krank sind, sterben, ist so ungeheuer (sagt man mir) und so sehr nicht auszuhalten, dass kein Weg daran vorbeiführt. Nichts hilft uns. Kein Trost besteht gegen das Unvermeidliche. In den Betten die Siechen sprechen in unsere Richtung von Mut. Das schwache Licht von hinter ihren Köpfen macht ihr Lächeln sanft. Das Überleben ist ein Werk des Personals. Bertolt Brecht, ‘Das Personal’“2 Erst zwanzig Jahre später erfährt Frings, dass Schernikau diese Passage gefaked hat.

Die Anschrift der Münchner AIDS-Hilfe lautet: Karl Georg Kruse, 8 München 70, Albert-Roßhaupterstraße 69.


1 Matthias Frings, Der letzte Kommunist. Das traumhafte Leben des Ronald M. Schernikau, Berlin 2009, 298. Vgl. Matthias Frings (Hg.), Aids – Dimensionen einer Krankheit, Reinbek 1986.

2 Matthias Frings, Der letzte Kommunist. Das traumhafte Leben des Ronald M. Schernikau, Berlin 2009, 298 f.