Materialien 1979
Fußtruppen für die Weltrevolution
ein Leserbrief
… Die Auseinandersetzung veranlaßt mich, ein paar grundsätzliche Bemerkungen zu machen.
Ich fühle mich umso mehr dazu befugt, da ich nicht nur dieses Stück selbst kenne, sondern auch über Hintergründe und Querverbindungen dieses Politspektakels Informationen geben kann. Als eine der Folgen der APO begann man in linken Kreisen zu Beginn der 70er Jahre die Agitation bei Kindern und Jugendlichen als ein dankbares Missionsfeld zu erkennen. In den Großstädten ent-
standen antiautoritäre Kinderläden, es bildeten sich Theatergruppen, die politische Agitation mit künstlerischen Mitteln verbrämten. Schon sehr frühzeitig erkannte man, daß die Sexualität ein ideales Medium ist, um junge Menschen zu rekrutieren. Hier unterscheidet man sich übrigens nicht von der kapitalistischen Werbewelt, die es schon immer verstanden hat, Busenstars zu ver-
markten.
Bei den Autoren und Produzenten der Stücke „Was heißt’n hier Liebe?“ oder „Darüber spricht man nicht“ handelt es sich nicht um ein paar linke Spinner, die über die Stränge schlagen, sondern um Leute, die genau wissen, was und in wessen Auftrag sie es tun. Einer ihrer Ideologen hat es so for-
muliert: ,,Die Kinder, die Schwächsten, sollen zum Aufstand gegen die Schwächsten der Autoritä-
ten angestachelt werden, gegen überarbeitete Eltern und überforderte Hausmeister … Den Einsatz der Sexualität für die Weltrevolution hat schon der Apo-Aktivist Günter Amendt mit seinem Buch „Sexfront“ vor Jahren geprobt. Der heutige DKP-Funktionär hat erst vor kurzem in linken Zeit-
schriften sein Rezept ungeniert erläutert. Mit Hilfe der Sprache der Gosse soll das klassische Fa-
milienbild zerstört werden, sollen Fußtruppen für die Weltrevolution rekrutiert werden.
Wem das alles unglaubwürdig vorkommt, braucht sich nur den Verlag des Theaterstückes „Was heißt’n hier Liebe“ ansehen oder einmal darüber nachdenken, daß der Dramaturg jener Auffüh-
rung, die in Dingolfing stattfinden sollte, ein besonders eifriger DKP-Mann ist, dessen Selbstbe-
kenntnis man in dem (KP-)Buch „Wie wird so einer Kommunist“ nachlesen kann …
In diesem Zusammenhang ist es fast schon peinlich, wenn der Lehrer Karl Hoheisl in einem Le-
serbrief von einem Akt nackter politischer Machtausübung spricht und die Nichtzurverfügung-
stellung eines öffentlichen Gebäudes mit den Bücherverbrennungen der Nazis vergleicht. Hier von einer Clique zu sprechen, ist nachgerade peinlich. Ich bin überzeugt. daß mehr als 90 Prozent der niederbayerischen Bevölkerung sich weder zu Hause in der Bordellsprache unterhalten, noch sich über das „Vater unser“ lustig machen. Leid tun mir eigentlich die Kinder und deren Eltern, die diesem „Pädagogen“ anvertraut sind. Eher dürfte Herr Hoheisl bei einer Clique zu finden sein, die aus Naivität oder Überzeugung derartige „Kultur“ bei uns importieren möchte …
Dr. Günther Müller, CSU-MdB
Zitiert in: kürbiskern. Literatur, Kritik, Klassenkampf 2/80, München, 132 f.