Materialien 1980
Das Kulturabkommen mit dem Rassistenregime muß umgehend gekündigt werden!
Die folgende Resolution wurde von der Bundesdelegiertenversammlung beim V. Schriftsteller-
kongreß des VS in der lG Druck und Papier, München 1980, einstimmig ‒ ohne Enthaltung ‒ angenommen:
Die Bundesregierung wird eindringlich aufgefordert, das seit 1963 bestehende Kulturabkommen mit dem rassistischen Südafrika umgehend zu kündigen.
Begründung des Antrags:
Das Abkommen begünstigt in hohem Maße die weiße Minderheit und somit die Rassentrennung, d.h. das Apartheidsystem in SA.
Das Abkommen soll laut Präambel „das gegenseitige Verständnis zwischen den beiden Völkern“ fördern. Der Ausdruck „beiden Völkern“ ist irreführend. Die bundesdeutschen Vertragspartner wußten und wissen, daß die in SA herrschende weiße Minderheit, insbesondere das „Volk“ der Buren, die schwarze Mehrheit wider Willen in eine Vielzahl von Völkern getrennt und in die Gettos und Homelands verwiesen hat.
Das Abkommen sieht eine „Zusammenarbeit zwischen wissenschaftlichen und kulturellen Einrich-
tungen“ vor. Die „nicht-weiße“ Mehrheit wurde daran gehindert, eigene derartige Einrichtungen in dem erforderlichen Maße zu bilden. Über diese Klausel findet seit Jahren ein kontinuierlicher Aus-
tausch von Wissenschaftlern statt, die im militärischen und militär-atomaren Bereich tätig sind. Südafrika kann nunmehr, nicht zuletzt aufgrund dieser Zusammenarbeit, Kernwaffen herstellen.
Seit Bestehen des Abkommens wurden viele Tausende von Büchern, Fotos, Posters usw. „gebannt“, d.h. zum Besitz oder Verkauf verboten bzw. am Erscheinen gehindert. Hunderte von Personen, unter ihnen viele Journalisten und Schriftsteller, fast sämtlich „Nicht-Weiße“, wurden ebenfalls „gebannt“.
Artikel 2 begünstigt die Entfaltung der einseitigen intensiven und irreführenden Regierungspro-
paganda Südafrikas in der Bundesrepublik. Die Regierungen von Belgien und den Niederlanden froren ihre Kulturabkommen nach dem Verbot der 18 südafrikanischen Organisationen Ende 1977 ein.
Die Bundesrepublik ist, soweit bekannt, das einzige Land, das ein derartiges Abkommen noch unterhält.
Das Abkommen verletzt Artikel 1 und Artikei 2, Abs.3, des Grundgesetzes.
Das Apartheidsystem wurde mehrmals von der Welt als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ verurteilt. Das Kulturabkommen mit diesem Rassistenregime muß umgehend gekündigt werden.
Das Kulturabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Südafrika hat folgenden Wortlaut:
Die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Südafrika, in dem Bestreben, eine freund-
schaftliche Zusammenarbeit auf kulturellem Gebiet zu pflegen und dadurch das gegenseitige Ver-
ständnis zwischen beiden Völkern zu fördern, haben folgendes vereinbart:
ARTIKEL 1
Die Vertragsparteien werden bestrebt sein,
a) den Austausch von Hochschullehrern, Dozenten, Lehrern, Forschern, Studenten, Journalisten und anderen empfohlenen Personen;
b) die Zusammenarbeit zwischen wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen und Zusam-
menschlüssen beider Länder;
c) gegenseitige Besuche ausgewählter Personen und Personengruppen zur Förderung der kultu-
rellen Zusammenarbeit:
d) die Zusammenarbeit zwischen anerkannten Jugendorganisationen beider Länder zu erleich-
tern.
ARTIKEL 2
Die Vertragsparteien werden bemüht sein, sich gegenseitig dabei zu unterstützen, ihren Völkern die Kenntnis der Kultur des anderen Landes zu vermitteln, und dies insbesondere durch:
a) Bücher (unter Einschluß von Lehrbüchern), Zeitschriften und Veröffentlichungen;
b) Vorträge;
c) Konzerte;
d) Kunst- und sonstige Ausstellungen;
e) Theateraufführungen;
f) Ton- und Fernsehfunk, Filme und andere technische Ausdrucks- und Verbreitungsmittel;
g) Zusammenarbeit auf dem Gebiet der geschichtlichen Forschung und Benutzung von Archiven.
tendenzen. Zeitschrift für engagierte Kunst 132, Oktober ‒ Dezember 1980, 20.