Flusslandschaft 1953

Kinder

Ursachen für konfliktorisch offensives Verhalten von Erwachsenen liegen oft in der Kindheit. Vermutlich lösen die gleichen Rahmenbedingungen aber ganz unterschiedliche Haltungen aus: Den einen wird die gebückte Körperhaltung erfolgreich eingebläut, andere entwickeln aus der Erfahrung von Repression Widerständigkeit. Richy Meyer erinnert sich an seine Kindheit: „Wach sein, Neugier, ich will wissen, viel wissen und erfahren. Wenn an dem gespaltenen Flügel des morschen Fensterladens sich das Licht bricht und bewegte Schatten an die Zimmerdecke projiziert … Ob dieser leicht scharfe, metallene Geruch von den Kastanien stammt oder nicht doch von den Maikäfern? Und die Geräusche – sie sagen etwas, vielstimmig und alle zusammen voll eindringlicher Stille. Hinter allem schwingt das Tosen dieser Erde, die durchs All rast … Nach oben sehen, wie der Wind in den Ähren des Weizen spielt. Das Rot der Mohnblumen ist einzigartig. Es gibt unendlich viele Rot … Warum sehen die Gesichter der Erwachsenen so erschöpft, so leer aus, wenn sie sich unbeobachtet fühlen? Dort, am Boden die geschäftigen Ameisen. Wo ist der Wille, der sie bewegt? Gibt es einen Grund dafür, dass es mich gibt? Muss es denn einen Grund geben? Wie der Flieder riecht im Frühling und wie im Herbst dieses unbeschreibliche Licht der untergehenden Sonne auf den abgeernteten Feldern ruht, bis die ersten Nebel steigen. Viele Wege der Begreifens, viele Wege des Lernens … Dann kam die Einschulung. Aus den vielen Wegen wurde einer, und schon bald war er links und rechts eingezäunt. Aus den Zäunen wurden Mauern. Zurückgehen konnte ich nicht; ich ging weiter. Die Mauern wurden höher. Sie formten sich, je weiter ich ging, zu einem Gewölbe. Jetzt führte der Weg durch einen Tunnel. Am Ende des Tunnels schien Licht. Je schneller ich lief, desto mehr entfernte sich das Licht, entfernte sich das Licht …“1


1 Siehe „Spätsommer“ von Richy Meyer.

Überraschung

Jahr: 1953
Bereich: Kinder

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