Flusslandschaft 1990
Armut
Von 1980 bis 1990 stiegen in München die Mieten einschließlich der Nebenkosten, aber ohne Energiekosten um 58,7 Prozent (im Bundesdurchschnitt waren es 39,3 Prozent).1
„Ihr Bett war das Hochwasserbett der Isar, ihr Dach die Wittelsbacher Brücke, die Adresse Brük-kenbogen Nr. 2: Sieben pfiffige Wohnsitzlose amüsierten die Münchner durch ihren ungewöhnli-
chen Lifestyle. Zwei Jahre lang lebten sie den gestreßten Großstädtern eine regelrechte Parodie auf das Spießbürgertum vor … Dann rollte plötzlich die Müllpresse an und zerstampfte die Idylle. Weinend mußten die zwangsgeräumten Penner zusehen, wie ihre Betten, die Sessel und das Sofa zu Kleinholz zersplitterten. Polizisten lächelten verlegen, Zaungäste wunderten sich: Die Burschen waren doch so harmlos — wen hatten sie gestört? Nun, einfach das System. Zwei Jahre hatte das Kreisverwaltungsreferat verpennt, daß die Penner im Schutzgebiet siedelten. Aber einmal aufge-schreckt, brauchten die Beamten nur fünf Tage von der Abmahnung zur Zwangsräumung. Gerhard Mark“2
Modernisierungsmodell München – Klaus M. Schmals beschreibt in seinem sechs Jahre später veröffentlichten Text den Zusammenhang zwischen einer neuen, schicken, reichen, innovativen Boomtown und der neuen Armut.3
1 Siehe „Wer über Armut redet, muss auch über Reichtum sprechen“ von Stefan Esser und „Zuviel Fassade bei uns“, Interview mit Christian Schmierer.
2 Abendzeitung vom 1. August 1990.
3 Siehe „Rücksichtslosigkeit und Selbstgerechtigkeit – das Modernisierungsmodell München“ von Klaus M. Schmals.