Materialien 1945

Mai 1945

Noch nach der Befreiung starben Angehörige europäischer und außereuropäischer Nationen.

Die Toten lagen am Straßenrand, im Straßengraben, auf freiem Feld, auch in Privathäusern, wohin sie sich noch schleppen konnten.

Auf amerikanische Anweisung wurde eine Ordnungstruppe zusammengestellt. Diese bestand aus ehemaligen politischen KZ-Insassen, darunter Kamerad A., der als Parteiloser vom 9.1.1934 – 6.9.1935 im KZ Dachau inhaftiert war, und Verwaltungspersonal, das sich als antifaschistisch be-
zeichnete. Ein Teil dieser Ordnungstruppe wurde für die Bergung der Toten und deren Bestattung eingesetzt. Im SammelLager Karlsfeld wurden die Toten identifiziert, was nur teilweise möglich war.

Unter den kriegsbedingten Schwierigkeiten organisierte der Kamerad A. Bretter, Schreiner, Transporte für die Anfertigung der nötigen Särge. Zwei Tote wurden in einen Sarg gelegt. Für den Aushub der Massengräber im Friedhof-Sprengel Feldmoching wurden ehemalige Nazis beordert. Das war schwierig, denn zu dem Zeitpunkt „gab es keine Nazis mehr“.

Die meisten Toten gehörten wohl einer Religionsgemeinschaft an. Diese Überlegung bewog den Freidenker A., den Geistlichen Rat von Feldmoching zu bitten, an den offenen Gräbern den Toten zur Ehre gebührende Worte zu sprechen. Diese Bitte wurde im Pfarrhaus persönlich vorgetragen. Als Antwort kam die Frage: „Wer bezahlt das?“ Somit unterblieb das kirchliche Zeremoniell.

Weder Bestattungsamt, Standesamt oder eine zuständige Behörde bemühten sich. Ein Ungenann-
ter beschriftete die Grab-Tafeln.

240 Tote waren es hier, ungefähr die Hälfte konnte listenmäßig erfaßt werden. Diese Namenslisten wurden im Pfarramt hinterlegt.

Als nach etwa einem Jahr Angehörige, vorwiegend Franzosen, anreisten, um ihre Toten zu über-
führen, waren die Listen nicht mehr auffindbar.

Unvergessen nach vierzig Jahren.

Anna Bauer


Deutscher Freidenker Verband e.V. Ortsgruppe München, Veranstaltungs-Programm 1985, 86.

Überraschung

Jahr: 1945
Bereich: AusländerInnen