Flusslandschaft 1952

Kommunismus

Der Kalte Krieg polarisiert. Bundeskanzler Konrad Adenauer schreibt 1952: „Was östlich von Wer-
ra und Elbe liegt, sind Deutschlands unerlöste Provinzen. Daher heißt die Aufgabe nicht Wieder-
vereinigung, sondern Befreiung … Das Wort Wiedervereinigung sollte endlich verschwinden, es hat schon zuviel Unheil angerichtet. ,Befreiung’ sei die Parole!“1 — Entweder man ist Kommunist oder Antikommunist. Diejenigen, die zu differenzieren versuchen, sind in einer schwierigen Rechtferti-gungsposition. Im Kabarett entstehen Texte, die mit Metaphern Auswege aus den dichotomischen Weltbildern anbieten.2

Im Franziskanerkeller in der Hochstraße 7 in Giesing ist für den 26. Juni ( stimmt das Datum ?) der Auftritt einer Volkstanzgruppe aus der DDR geplant. Die Behörden verbieten die Veranstal-
tung, der Saal ist trotzdem voll. Schließlich stürmt die Polizei den Bierkeller. Der Maler Ernst Grube flüchtet durch einen Nebenausgang, wird im Freien von einem Trupp der blau Uniformier-
ten gestellt, so zusammengeschlagen, dass er sich nicht mehr rühren kann, und dann festgenom-
men. Ernst Schumacher, der dies sieht, will Grube zu Hilfe eilen und wird auch verprügelt. Das später erfolgte Urteil gegen Grube lautet mit der Begründung „Wiederstand gegen die Staatsge-
walt“: acht Wochen Gefängnis auf Bewährung.3

Ende Oktober will der Ostberliner Kulturbund eine „Deutsche Kulturtagung“ veranstalten. Einge-
laden haben dazu u.a. Johannes R. Becher und Bert Brecht. Innenminister Hoegner verbietet un-
mittelbar vor Beginn die „kommunistische Tarnveranstaltung“ und lässt die anwesenden DDR-Angehörigen verhaften und ausweisen.


1 Rheinischer Merkur vom 20. Juni 1952.

2 Siehe Kästners „Die schwarze Spinne“.

3 So Ernst Grube am 21. Oktober 2010. — Ernst Grube, geb. am 13. Dezember 1932; der Vater Franz ist Maler und Kommu-nist, die Mutter Clementine, geb. Meyer, ist Jüdin; der Vater bringt russischen Zwangsarbeitern, die beim U-Bahnbau in der Sonnenstraße eingesetzt sind, Brot; Ernst wird mit Mutter und Geschwistern Anfang 1945 ins Konzentrationslager Theresi-enstadt verschleppt, wird später Malermeister, holt 1970 das Abitur nach, wird Berufsschullehrer und ist heute Mitglied der DKP, Landessprecher der VVN-BdA und stellvertretender Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau e.V.

Überraschung

Jahr: 1952
Bereich: Kommunismus

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