Materialien 1972
Profitdurst der Banken treibt Bierpreis
Wenn es um den Profit geht, dann ist den Kapitalisten nichts heilig. Ausgerechnet zum 19 .März, dem bayrischen „Bepperltag“ und dem traditionellen Beginn der Münchner Starkbierzeit, machte uns die Löwenbräu AG den Bierdurst noch teurer. Die meisten Großbrauereien zogen nach und schlugen ebenfalls um durchschnittlich 10 % auf . So frei ist eben bei uns die Marktwirtschaft.
Wieder einmal müssen die höheren Löhne und Gehälter für die Preissteigerung herhalten. Tatsa-
che aber ist, daß diese bei der Löwenbräu AG z.B. nur einen Anteil von 16,6 % am Umsatz ausma-
chen, d.h. nur ein Sechstel des Bierpreises besteht aus Lohnkosten. Oder anders ausgerückt: Um eine Preiserhöhung von 10 % mit gestiegenen Lohnkosten begründen zu können, hätten sich diese in den beiden letzten Jahren seit der Bierpreiserhöhung im Jahre 1971 um nicht weniger als 60 % (⅙ von 60 % = 10 %) erhöhen müssen. Gleichgebliebene Produktivität vorausgesetzt. Vorausge-
setzt auch, daß die Unternehmer auf kein Prozent Gewinn verzichten.
Wie wir aber von den Kollegen der Brauereien erfahren, haben sich die TarifIöhne seit 1971 nur um insgesamt 18,8 % erhöht und wurden durch die gestiegene Arbeitsproduktivität mehr als wettge-
macht. So muß es wohl einen anderen Grund für die Preistreiberei geben.
Einen Anhaltspunkt fanden wir in der außergewöhnlich hohen Dividende von 20 % für die Löwen-
bräu-Aktionäre, die sonst nur noch von Großbanken erreicht wird. Und genau diese Konzernban-
ken haben sich bei Löwenbräu und den anderen Münchner Großbrauereien die Aktienpakete auf-
geteilt.
Die Aktienmehrheit hält die Hypobank, die darüber hinaus über ein wahres Bierimperium von über 40 Großbrauereien herrscht.
Ein ansehnliches Paket besitzt auch die Hausbank der CSU, die Bayerische Vereinsbank, die sich auch noch die Pschorr- und Hackerbräu AG unter den Nagel riß.
Und schließlich finden wir bei der Löwenbräu als Großaktionär und Aufsichtsratsmitglied ausge-
rechnet jenen Bankier August v. Finck, der es so gut versteht, sich durch Bodenspekulation jede Nacht, gewissermaßen im Schlaf, um eine Million DM zu bereichern.
Der ansehnliche Grundbesitz der Brauereien ist auch mit einer der Gründe, weshalb die Banken so gierig auf die Bierfabriken sind. Die Löwenbräu AG gilt als der größte private Grundbesitzer in München, deren Innenstadt-Grundstücke auf 500 bis 700 Millionen DM geschätzt werden. Die Hacker Brauerei besitzt 130.000 qm Stadtgrundstücke (und außerhalb Münchens noch einmal 224.000 qm), die Pschorr Bräu 85.000 qm plus 108.000 qm.
Nicht nur aus unserem Bierdurst werden deshalb die Großbanken ihre Extra-Profite holen, son-
dern uns auch noch steigende Grundstücks- und Mietpreise zu schlucken geben.
Das zeigt, wie aktuell die Forderung der DKP ist, die Banken in Gemeineigentum zu überführen und sie öffentlicher Kontrolle – vor allem der Gewerkschaften – zu unterstellen. Erst dann werden wir das Bier wieder so richtig süffig finden.
Darauf ein Prost!
Die Zündung. Zeitung der DKP-Betriebsgruppe für die BMW-Arbeiter 6 vom Juni/Juli 1972, 4.