Flusslandschaft 1953

Wiedergutmachung/Entschädigung

Kriegsopfer bekommen nur dann eine Rente, wenn sie ärztliche Atteste vorweisen können. Beru-
hen diese auf Fehldiagnosen, wird es für sie sehr schwer, ihr Recht zu bekommen. Die einen schei-
tern, ihr letztes Mittel ist der Suizid, andere wehren sich.1

„Nach Inkrafttreten des Bundesentschädigungsgesetzes verweigern bayerische (und deutsche) Behörden die Anerkennung von Sinti und Roma als rassisch Verfolgte: bei Gerichtsverfahren unterliegen klagende Angehörige der Minderheit gewöhnlich; vor allem der bayerischen Justiz gelingt es nicht, ihre ‚zigeuner’-feindliche Einstellung und ihr diskriminierendes Verhalten abzu-
legen, wie ihre Entscheide überdeutlich belegen; mehr Chancen haben Juden Eigentumsansprüche geltend zu machen bzw. Entschädigungszahlungen für erlittene Verluste einzuklagen; aber auch auf sie warten langwierige und aufreibende Verfahren, häufig mit höchst unbefriedigendem Aus-
gang; vor allem den Bayern fällt es unsäglich schwer ihre jahrhundertealten Ressentiments und Vorurteile endlich abzulegen. Als die Sintezza Maria Rose einen Antrag auf Entschädigung für den Verlust ihrer in einem deutschen KZ ermordeten Mutter stellt, reagiert die Münchner ‚Landfahrer-
zentrale’ mit einer auf NS-Akten beruhenden Stellungnahme: ‚Die Martha Rose war nach vorlie-
gendem Gutachten … der ehem. rassenhyg. Forschungsstelle in Berlin vom 9.11.1942 Zigeuner-
mischling. Sie wurde … 1939 als Zigeunerin erfasst und für Regensburg aufenthaltsverpflichtet. Diese Verpflichtung hat sie nicht eingehalten und wurde wegen Verletzung der Aufenthaltspflicht … (1940) zur Festnahme ausgeschrieben. Am 25.6.1940 wurde sie … festgenommen und in das KL Ravensbrück eingeliefert. Die Einweisung erfolgte, wie aus den vorhandenen Unterlagen einwand-
frei hervorgeht, nur deshalb, weil sie die Auflage, ihren Aufenthaltsort Regensburg nicht zu verlas-
sen, nicht eingehalten hat. Eine Verfolgung aus rassischen Gründen, die nach dem Befehl des ehe-
maligen RFSS v. 16.12.1942 i.(n) Verb.(indung) m.(it) d.(em) Erlaß des ehem.(aligen) RSHA vom 29.1.1943 erst von diesem Zeitpunkt ab erfolgte, ist damit nicht gegeben’; die Justiz des Freistaates Bayern beruft sich damit immer noch auf die Autorität des ehem. Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei Heinrich Himmler.2

In den Kammerspielen wird am 13. September gefordert, die ermordeten Widerstandskämpfer nicht zu vergessen. Walter von Cube, Chefredakteur im Bayerischen Rundfunk, beklagt, dass die Überlebenden jetzt in die Rolle von Fordernden gedrängt worden wären.


1 Siehe „Kriegsopfer im Karusell“ von Karl Stankiewitz.

2 Robert Schlickewitz, Sinti, Roma und Bayern. Kleine Chronik Bayerns und seiner „Zigeuner“, 2008, http://sintiromabayern.de/chronik.pdf, 120 f.