Flusslandschaft 2007

Gewerkschaften/Arbeitswelt

- Allgemeines
- DGB

- Bundesbahn
- Deutsche Post und Telekom
- Flughafen
- Metallbetriebe
- Öffentlicher Dienst
- Städtisches Klinikum


ALLGEMEINES

»Jeder Mensch hat als Mitglied der Gesellschaft ein Recht auf soziale Sicherheit, er hat Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit unter Berücksichti-
gung der Organisation und der Hilfsmittel des Staates in den Genuss der für seine Würde und freie Entfaltung seiner Persönlichkeit unentbehrlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen.« Artikel 22 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

„Start der Protestaktionen in Bayern gegen Rente mit 67 – Am Freitag, den 26.01. rollt die erste große Protestwelle gegen die ‚Rente mit 67’ durch bayerische Betriebe. In den Betrieben rumort es, die Verärgerung der Beschäftigten über die Pläne zur ‚Rente mit 67’ ist enorm. Bis Anfang Februar wollen daher im ganzen Land Beschäftigte der Metallwirtschaft gegen dieses Vorhaben der Bun-
desregierung demonstrieren. Den Auftakt machen am Freitag die Beschäftigten bei BMW Mün-
chen, BMW Regensburg, BMW Dingolfing, BMW Landshut, bei MAN in München, Faurecia in Neuburg und Schaeffler in Ingolstadt. An allen BMW-Standorten kommt es dabei zwischen 8.00 Uhr und 10.00 Uhr jeweils zu einstündigen Protesten. Auch bei MAN München findet ab 9.00 Uhr eine 60-minütige Informationsveranstaltung des Betriebsrates statt. – Die IG Metall Bayern erwar-
tet, dass sich an diesen Aktionen am Freitag, insgesamt über 20.000 Beschäftigte beteiligen. Wer-
ner Neugebauer, Bezirksleiter der IG Metall Bayern: ‚In einem Land, in dem fast 600.000 Men-
schen unter 25 Jahren und 1,2 Millionen über 50-jährige keinen Arbeitsplatz finden, das Renten-
eintrittsalter um zwei Jahre hinauf zu setzen und die Möglichkeit der Altersteilzeit abzuschaffen, grenzt an einen beschäftigungspolitischen Amoklauf.’ Die Proteste werden in der kommenden Woche in ganz Bayern fortgesetzt. Insgesamt finden im Bereich der IG Metall Bayern in über 200 Betrieben Aktionen statt.“1

„… Mein Beileid allen, denen dieser Alptraum auf der Gurgel nistet! Die Hoffnung, dass es NICHT SO SCHLIMM kommt?: Das Seil, darauf die Narren tanzen. Denn der Staat enteignet zyklisch sei-
ne Bürger, plündert seine Schwächsten bis zur Armut. Für die Herren Nimmersatt. Ein Heer von Arbeitslosen und Bedürftigen ist bequem in Schandlöhne zu zwingen. Auch hier erweist sich: Der Staat schützt seine Bestien, treibt ihnen Sklaven zu. Die kriminelle Energie der jeweils neuen Em-
porkömmlinge weiß sich (auch dieser Tage wieder) ermächtigt GROSS REINE ZU MACHEN, ab-
zuräumen, den lästigen Sozialvertrag zwischen Volk und Regierung – auf Treu und Glauben und im Gesetz verbürgt, ha-ha! – durch die Toilette zu spülen … im demokratischen, ha-ha!, Schmie-
rentheater kapitaler Intendanz …“2

DGB

Die Publikation Streitzeit des DGB Bayern (Nr. 31 vom 8. Dezember 2006) mobilisiert für weitere Aktionen gegen den Sozialabbau: „Höhepunkt der Aktivitäten wird eine betriebliche Aktionswoche vom 29. Januar bis zum 2. Februar 2007 sein. Wir wollen in dieser Woche unseren Protest gegen die soziale Kahlschlagspolitik der schwarz/roten Koalition regionalisieren und dorthin tragen, wo diese Politik bestellt wurde – zu den Unternehmern und Wirtschaftsverbänden. Dies soll mit un-
terschiedlichen Aktionen in und vor den Betrieben geschehen.“

Für den Ersten Mai mobilisieren nicht nur der DGB, sondern auch die Autonomen.3


BUNDESBAHN

8. September: Flashmob im Hauptbahnhof gegen die Privatisierung der Bundesbahn. Die Bahn mit einem Wert von 183 Milliarden soll für die Hälfte von 13 Milliarden verscherbelt werden.4

Von Oktober bis November streiken die in der kleinen Gewerkschaft der Lokführer (GDL) orga-
nisierten Lokführer für Einkommensverbesserungen und einen eigenständigen Tarifvertrag. Vor-
sitzender der GDL ist der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Schell. Für die viel größere Eisenbahnergewerkschaft ist dies ein großes Problem. Der Arbeitskampf der Lokführer ist be-
rechtigt. Aber: Die Tatsache, dass sie nicht in einer Gemeinschaft mit den Gewerkschaften Trans-
net
und GdBA für ihre Forderungen eintreten, sondern in Konkurrenz und gegen diese größeren Gewerkschaften, spaltet die Gewerkschaftsbewegung. Die Zersplitterung der Gewerkschaftsbe-
wegung ist auch ein Ergebnis der Privatisierung der Bundesbahn.5

DEUTSCHE POST und TELEKOM

Die frühere Postgewerkschaft hatte die Privatisierung der damaligen Bundespost vehement abgelehnt: Privatisierung ist Enteignung der Allgemeinheit! Heute sind an die Stelle der staatlichen Monopole private Monopole und „global player“ getreten, für die nicht mehr die Versorgung der Bevölkerung, sondern nur noch der maximale Profit und die Expansion ins Ausland zählt. Auf Kosten der Belegschaften und der Kunden. Um Rendite und Aktienkurs zu steigern sind bei der Telekom in zehn Jahren 110.000 Arbeitsplätze vernichtet worden; bei der Post wurden allein in der Briefzustellung mehr als 28.000 reguläre und tariflich abgesicherte Arbeitsplätze abgebaut. Telekommunikation zählt ebenso wie Gesundheit, Bildung, Alterssiche-
rung, Wasser, Energieversorgung, Bahn zur Grundversorgung der Menschen. Deshalb muss die Telekom unter öffentliche, demokratische Kontrolle. Am Freitag, den 18. Mai, findet die ver.di-Großkundgebung mit Frank Bsirske zum Telekom-Streik statt.6

FLUGHAFEN

ver.di ruft am 28. August neunzig Piloten der Lufthansa-Tochter CityLine zu einem Warnstreik auf. Betroffen sind bis zu fünfundvierzig Flüge, die zwischen 14 und 16.30 Uhr von München aus und von 17.30 Uhr und 19.30 Uhr von Hamburg aus starten sollten. ver.di will für die siebenhun-
dertfünfzig Beschäftigten der CityLine-Cockpits eine Angleichung der Arbeitsbedingungen an das Niveau der Lufthansa-Passage erreichen.

METALLBETRIEBE

„3.5.07: Heute schon 55.000 im Warnstreik — Bei BMW in Dingolfing und München, Audi in Ingolstadt, Bosch in Bamberg und 65 weiteren Betrieben stand die Produktion zeitweise still. 55.000 Beschäftigte legten am Donnerstagvormittag die Arbeit nieder. Bei BMW in Dingolfing beteiligten sich 10.000 Beschäftigte für 1,5 Stunden an der Kundgebung der IG Metall, in dieser Zeit ruhte die gesamte Produktion. Auch bei BMW München standen für eine Stunde die Bänder still, da sich 5.000 Mitarbeiter am Warnstreik beteiligten …“7

„4.6.07: IG Metall-Jugend Bayern protestiert gegen geplante Verschlechterungen bei der Berufs-
ausbildung – Als Protest gegen die geplanten Änderungen bei der Berufsbildung überreichten heute Jugendvertreter der IG Metall Bayern Bundesbildungsministerin Annette Schavan in Mün-
chen ein Kinderauto mit erheblichen Fertigungsmängeln. Eric Leiderer, Jugendsekretär der IG Metall in Bayern: ‚Damit wollen wir darauf hinweisen, dass der hohe Standard unserer Berufsaus-
bildung gefährdet ist.’ Ministerin Schavan ist Gastgeberin einer EU-Konferenz im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft ‚Lernraumraum Europa verwirklichen’, die am 4. und 5. Juni 2007 in München stattfindet. Rund 400 Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Gewerk-
schaften und Bildungseinrichtungen diskutieren eine Neuordnung der beruflichen Bildung in Europa. Würden die bisher bekannten Planungen umgesetzt, bedeutete dies das Ende der dualen Berufsaufbildung in Deutschland. Die Facharbeiterausbildung würde in mehrere Module zerlegt, die in verschiedenen Betrieben absolviert werden können. Damit wäre die bewährte betriebliche Ausbildung abgeschafft. Eric Leiderer: ‚Das hohe Ausbildungsniveau in der Bundesrepublik ist ein wichtiger Standortvorteil. Den sollten wir nicht ohne Not aufs Spiel setzen oder durch ein schlech-
teres Modell austauschen.’“8

ÖFFENTLICHER DIENST

Die Arbeitgeber planen Arbeitszeitverlängerung. Dabei ist die Arbeitsbelastung für die Beschäftigten seit Jahren kontinuierlich gestiegen. Nicht zuletzt bedeutet Arbeitszeitverlängerung auch Stellenabbau. Für die vielen Protest steht hier die Resolution der Personalversammlung des Münchner Stadtjugendamts vom 5. Juli.9

STÄDTISCHES KLINIKUM

Das Städtische Klinikum München GmBH bereitet die Gründung einer Servicegesellschaft für die Bereiche Küche, Reinigung und Textilservice vor. Wer bis jetzt in diesen Bereichen gearbeitet hat, wird übernommen, muss aber auf Einkommen verzichten. Beschäftigte, die neu eingestellt werden, erhalten bis zu 40 Prozent weniger Einkommen. Am 18. April entscheidet darüber der Stadtrat. An diesem Tag demonstrieren 200 MitarbeiterInnen des Städtischen Klinikums ab 7 Uhr in der Frühe auf dem Marienplatz. Sie fordern keine Sanierung auf Kosten der Beschäftigten und der Patientin-
nen und Patienten und kein Outsorcing und keine Billiglöhne in der Küche, Reinigung und Textil-
service. Der Stadtrat aber, auch die SPD und die GRÜNEN, stimmt der Gründung der Servicege-
sellschaft zu.

(zuletzt geändert am 13.12.2020)


1 www.igmetall-muenchen.de/Archiv.146.0.html

2 Uwe Dick, Marslanzen oder Vasallen recht sein muss, Bad Nauheim 2007, 34.

3 Siehe „Antikapitalistische & klassenkämpferische 1. Mai-Demo“ und „erster mai“.

4 5 Fotos von Andreas Bock: Flash Mob gegen die Privatisierung der DB am 8. September 2007, Standort: www.arbeiterfotografie.com/galerie/reportage/index.html.

5 Siehe auch www.mgl.labournet.de/GDL_Streik_Nov07.pdf.

6 Siehe auch
www.mgl.labournet.de/MGL%20zum%20Streik%20bei%20der%20Telekom%20Mai%2007.pdf und
www.mgl.labournet.de/Nachbetrachtungen%20zum%20Streik%20bei%20der%20Telekom.pdf.

7 www.igmetall-muenchen.de/Archiv.146.0.html

8 www.igmetall-muenchen.de/Archiv.146.0.html

9 Siehe die „Resolution“ der Personalversammlung des Stadtjugendamts vom 5. Juli.