Flusslandschaft 2008

Flüchtlinge

Ernst Grube, Überlebender des Nazi-Terrors, berichtet am Sonntag, 13. Januar, im KZ Dachau über seine Erlebnisse und stellt eine Verbindung zur heute aktuellen Abschiebepraxis staatlicher Instanzen her.1

Die Karawane München und weitere Organisationen veranstalten am Donnerstag, 7. Februar, unter dem Motto „Hiergeblieben!“ im Hansa 39 um 19 Uhr für 7 Euro ein Solidaritätskonzert, um auf die miserable Lage der in Deutschland lebenden Flüchtlinge aufmerksam zu machen. So wer-
den Flüchtlinge hier als Menschen zweiter Klasse behandelt. Leute mit unsicherem Aufenthalts-
status sehen sich konfrontiert mit Lagerunterbringung, Mangelversorgung mit Essenspaketen, Entzug der Bewegungsfreiheit durch die sog. „Residenzpflicht“, Arbeitsverboten und alltäglicher Angst vor der Abschiebung. Bei Abschiebungen wird es in Kauf genommen, Menschen in Verfol-
gung, Folter und Krieg zu schicken. Die deutschen Behörden haben z.B. bereits damit begonnen, Flüchtlinge in die Kriegsgebiete Iraks und Afghanistans abzuschieben.2

„Mahmut Yilmaz kam 1981 als Arbeitsmigrant nach Deutschland. In den 1990er Jahren beteiligte er sich an Aktionen der kurdischen Bewegung. Er wurde zur Zielscheibe staatlicher Repression und mehrfach auf der Grundlage des „Vereinsgesetzes“ verurteilt. Seit 27 Jahren lebt er nun in Mün-
chen, hat sich immer mit verschiedensten Jobs ernährt, zuletzt als Handwerker. Jetzt soll er in einem Flüchtlingslager interniert werden, getrennt von seiner Familie, die obendrein verpflichtet werden soll, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, nachdem ihm seine Arbeitserlaubnis aber-
kannt wurde. Denn das bayerische Innenministerium will ihn in die Türkei ausweisen, bevor über seine Verfassungsbeschwerde entschieden wurde. Mahmuts letzte Chance ist, in Deutschland Asyl wegen drohender politischer Verfolgung zu bekommen. Er hofft, dass das Bundesamt ihm Bleibe-
recht gewährt. – Kemal Göktepe, der sich seit langem in der kurdischen Bewegung engagiert, lebt als anerkannter Asylbewerber in München. Seine Familie hat mittlerweile die deutsche Staatsbür-
gerschaft. Nun droht ihm der Widerruf des Asyls. In Verkennung der Realität behaupten die Be-
hörden, dass ihm wegen angeblicher Demokratisierung in der Türkei keine Verfolgung mehr dro-
he. – Auch Erdal Han bekam als politisch verfolgter Kurde in Deutschland Asyl. Mit seiner deut-
schen Ehefrau hat er eine gemeinsame Tochter. Ebenso wie Kemal Göktepe sieht er sich aktuell mit Asylwiderruf konfrontiert. – Ercan Toluay lebt seit eineinhalb Jahren als Asylsuchender im Flücht-
lingslager Riem/Josef-Wild-Straße. Die Wohnsituation ist miserabel, die BewohnerInnen werden durch Polizei, Sicherheitsdienst und Lagerleiter mit Zimmerkontrollen drangsaliert. Ercan kämpft gegen die Ablehnung durch Bundesamt und Verwaltungsgericht um Anerkennung seines Rechts auf Asyl. – Ümit Dag lebt seit zwei Jahren als Asylsuchender im Flüchtlingslager Rosenheimerstra-
ße. In der Türkei war er als politischer Aktivist ein Jahr lang im Gefängnis und wurde gefoltert. Er floh nachdem er vom paramilitärischen Geheimdienst JITEM, der vergeblich versucht hatte, ihn als Spion gegen die kurdische Bewegung anzuwerben mit dem Tod bedroht wurde. Zudem droht ihm in der Türkei eine erneute Haftstrafe von zwölfeinhalb Jahren. Ümits Asylantrag wurde vom Bundesamt abgelehnt, momentan wartet er auf die gerichtliche Entscheidung über seine Klage gegen die Ablehnung.“3 – Mit Kundgebungen am Stachus (Mittwoch, 30. April) und am Rinder-
markt, (Donnerstag,1. Mai) startet die „Aktion Flüchtlinge“ eine Dauerkampagne gegen drohende Abschiebungen.4

Vom 5. Juni bis 27. Juni zeigt die Seidlvilla am Nikolaiplatz 1b in Schwabing im Rahmen des Pro-
gramms zum 850. Stadtgeburtstag die Ausstellung von Refugio „mit meinen fremden augen“.

Die Initiative Save me – eine Stadt sagt ja sucht anlässlich des Stadtgeburtstages 850 Patinnen und Paten.5

Die Regierung von Oberbayern betreibt die Containerunterkünfte für Asylsuchende und Flüchtlin-
ge, die fünfzehn bis zwanzig Jahre alt sind. Eine der Containerunterkünfte befindet sich an der Rosenheimerstraße eingezwängt zwischen zwei mehrspurigen Straßen. Familien leben hier in einem Raum von 14 qm, die Unterkünfte sind laut und der bauliche Zustand ist oft katastrophal. Nicht zuletzt finden regelmäßig nächtliche Kontrollen und Razzien durch die Polizei statt. Gülseren Demirel meint am 20. Juni: „Tausende von Flüchtlingen haben hier gelebt. Die Container sind to-
tal abgewohnt und in einem erbärmlichen Zustand. Zur Zeit müssen bis zu vier Personen, z.T. so-
gar bis zu zehn Jahre lang auf 16 qm leben, haben keinerlei privaten Rückzugsraum und verfügen nur über mangelhafte Wasch- und Kochkapazitäten. Dies ist ein untragbarer Zustand, wie auch aus Berichten des Referats für Gesundheit und Umwelt hervorgeht, die im Rahmen der routinemäßi-
gen Überwachung nach dem Infektionsschutzgesetz verfasst wurden.“6 Am Samstag, 28. Juni, fin-
det um 13.00 Uhr eine Demo gegen Abschiebung und für Bleiberecht von Flüchtlingen am Stachus statt. Gefordert wird auch eine menschenwürdige Unterbringung der Asylsuchenden; protestiert wird gegen die Abschiebung von Mahmut Yilmaz in die Türkei.


1 Siehe „Versöhnungskirche Dachau“ von Ernst Grube.

2 Siehe „Neue AktivistInnen – neue Themen“.

3 Münchner Lokalberichte 9 – 10 vom 2. Mai 2008, 12.

4 Die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP 89 (1/2008) behandelt als Schwerpunkt das Thema „Europas Grenzen: innen – außen“. Siehe www.cilip.de/ausgabe/i-89.htm.

5 Siehe www.save-me-muenchen.de.

6 www.siegfried-benker.de