Flusslandschaft 2008

Religion

Am Mittwoch, 12. März, scheitert Dietmar Holzapfel mit seiner Klage gegen den Freistaat Bayern. Holzapfel musste seinen Wagen beim Christopher-Street-Day 2006 zensieren lassen.1

Karfreitag, 21. März, 19.00 Uhr: „Heidenspaß statt Höllenqual“ auf der Religionsfreien Zone Mün-
chen 2008 mit Filmen und Schoko-Buffet im Keller des Oberangertheater am Oberanger. Veran-
stalter: Bund für Geistesfreiheit mit Kurzfilm „Papa-Spaziergang – Wer glaubt ist nicht allein“ – Dokumentation von Wolfram P. Kastner über den Versuch, an die deutsche Geschichte zu erinnern kurz vor dem Papstbesuch im September 2006, „Chocolat“ – von Lasse Hallström, „Die Mitarbei-
ter der Wahrheit“ von Marcel Seehuber, Satirische Doku-Soap zum Besuch des Papstes am 11. Sep-
tember 2006 in Altötting und „Wer früher stirbt ist länger tot“ – von Marcus H. Rosenmüller.

Am Samstag, dem 4. Oktober, soll in München ein so genannter 1000-Kreuze-Marsch von Abtrei-
bungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern stattfinden. Mit tausend Kreuzen wollen sie darauf hinweisen, dass „an jedem Werktag in Deutschland rund tausend Kinder im Mutterleib getötet werden“. Auch die rechtsextreme Szene, die „freien Nationalisten München“, hat für diesen Marsch mobilisiert. Viele Gegenaktionen des „antisexistischen Aktionsbündnisses München“ stören den geplanten Ablauf des Ganzen massiv. Der Tag beginnt ab 14 Uhr mit einer Kundgebung am Ge-
schwister-Scholl-Platz, wo etwa zweihundert Menschen verschiedenen Redebeiträgen lauschen, in denen ausführlich über die Strukturen der „Lebensschützer” informiert wird und grundsätzliche Positionen zum Recht am eigenen Körper dargelegt werden. Dann ziehen die Gegendemonstranten los. Es fällt auf, dass die üblichen Absperrungen nicht vorhanden sind, was von den „Autonomen Demonstrations-Ersthelfern der Stadt München“ (AuDeSa) als gefährlicher Leichtsinn seitens der Polizei eingestuft wird. Die Münchner Innenstadt ist gerappelt voll. Hier finden sich auch drei rie-
sige rosa Kondomfiguren, die bei vielen für Erheiterung sorgen, bevor die Polizei meint, den Spaß verderben zu müssen und ihnen Platzverweise erteilt. Auf dem Marienplatz steht inzwischen auch ein Transporter, in dem sich die weißen Holzkreuze befinden. Darum sammeln sich gut zweihun-
dert „Lebensschützer“ sowie etwa sechzig Rechtsextreme. Die Situation wird chaotisch, so dass die Kreuzzugorganisatoren „aus Sicherheitsgründen” auf die Ausgabe der Kreuze verzichten, was mit großem Applaus begrüßt wird. Die zu diesem Zeitpunkt anscheinend zu wenige Polizisten versu-
chen nun, „Lebensschützer” und Rechtsextreme von den Gegendemonstranten zu trennen, was ihnen aufgrund der unübersichtlichen Szenerie allerdings nicht gelingt. Ohne Kreuze können die Fundis nur noch einige wenige Pappschilder so wie ein großes hölzernes Portrait der „Jungfrau Maria” tragen. Dies allerdings zunächst nicht all zu weit, da plötzlich zwei Männer direkt vor dem Holzporträt anfangen, sich zu küssen. Dies ekelt die Christen so sehr, dass sie sich weigern, die „Jungfrau Maria” an dieser Szene vorbei zu tragen. Statt dessen ziehen sie einem der Küsser die Gottesmutter über den Schädel, bis das Paar den Weg frei macht. Nach und nach formiert sich nun der Kreuzzug. Von außen werden immer wieder Parolen gerufen und Transparente hochgehalten. Da es der Polizei zuvor nicht möglich gewesen ist, die Gruppen klar voneinander zu trennen, wer-
den die Parolen auch aus dem Zug heraus erwidert. Innerhalb des Kreuzzugs formieren sich die Rechtsextremen zu einem eigenen Block. Kurz nach dem Abmarsch des Zugs kommt es zu ersten Blockadeversuchen. Diese werden allerdings schnell durch einen rabiaten Einsatz der Polizei ver-
hindert. Nachdem so mehrere Blockadeversuche scheitern, wird der Marsch durchgehend auf allen Seiten von Gegenprotesten begleitet. „Lebensschützer” und Rechtsextreme werden mit aufgeblase-
nen Kondomen beworfen. Durchgängig werden Parolen gerufen wie „Für die Freiheit, für das Le-
ben – Selbstbestimmung muss es geben!”, „Kein Gott! Kein Staat! Kein Patriarchat!” und „Gegen Macker und Sexisten – Fight the power – Fight the system!”. Immer wieder kommt es zu Pausen, in denen die Christen nieder knien und zu beten versuchen. Dabei bleiben die Rechtsextremen al-
lerdings stehen, auch wenn Einzelne von ihnen mitbeten. An der Luitpoldbrücke in der Prinzregen-
tenstraße knien die „Lebensschützer“ etwa dreißig Minuten nieder, um „der getöteten Kinder zu gedenken“ und Rosen in die Isar zu werfen, welche zusammen mit ein paar Kondomen flussab-
wärts treiben. Am Marienhof verschwinden die Nazis mit Polizeibegleitung in der S-Bahn, wäh-
rend der „Lebensschützer”-Zug nun weiter zum Marienplatz geht.2

Der neue Erzbischof von München und Freising Reinhard Marx schreibt nicht den vierten Band des „Kapital“. Warum eigentlich?3


1 Siehe „Papstpuppe im bayerischen Verwaltungsgericht – ein Lehrstück in 7 Aufzügen“ von Assunta Tammeleo.

2 Vgl. www.luzi-m.org/nachrichten, asabm.blogsport.de.

3 Siehe „Kapitalkosmetik“ von Detlev Kannapin.