Flusslandschaft 2009

StudentInnen

„Protest gegen Studiengebühren in Garching – Beim Besuch des Hochschulausschusses im Leib-
niz-Rechenzentrum (LRZ) wurden die Landtagsabgeordneten mit dem Protest der Studierenden konfrontiert. – 18. 2.09: Bei klirrender Kälte und strahlendem Sonnenschein empfingen einige Studierende die Mitglieder des Hochschulausschusses auf dem TU Gelände vor dem LRZ. Dort fand die heutige Sitzung des Landtagsgremiums statt. Den Abgeordneten wurde ein Brief über-
reicht, der ihnen passend zum Tagungsort die Studiengebühren als ,Systemfehler‘ und ,Bildungs-Bug‘ darstellte. Die Studentlnnen forderten die Abschaffung der Studiengebühren. Die Abgeord-
neten der drei Oppositionsparteien (SPD, Grüne und FW) begrüßten die Aktion und bekundeten ihre Zustimmung. Die Gebühren würden bald sozialverträglich ausgestaltet, behaupteten dagegen die Vertreter der CSU (Siebler und Jörg) und brachen die Diskussion nach kurzer Zeit ab. Die Ab-
geordnete der FDP (Bulfon) äußerte sich nicht. Von Seiten der Protestteilnehmerlnnen wurde der Tag als Erfolg gewertet. Sie kündigen an, das Thema weiterhin in die Öffentlichkeit zu tragen, so-
lange bis Studiengebühren der Vergangenheit angehören. t“1

Am 13. Mai demonstrieren 8.000 Studentinnen und Studenten gegen die Studiengebühren. Etwa hundert Studis finden die Latschdemo langweilig. Sie setzen sich etwa um 15 Uhr mitten auf die große Kreuzung neben dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus und blockieren den Verkehr, der sich sofort kilometerlang staut. Drei Studenten halten ein Transparent „Kapitalismus ist nicht reformierbar – abschaffen“. Es dauert beinahe eine halbe Stunde, bis die Polizei eintrifft. Auf An-
frage des Verfassers dieser Zeilen, ob sie wüssten, wie sie sich verhalten wollen, wenn es ernst wird, meinen einige, darüber hätten sie noch nicht nachgedacht. Ein Polizist mit Filmkamera geht durch die locker Sitzenden und filmt jeden einzelnen ab. Schließlich kommt der Lautsprecherwagen der Polizei. Der zweiten Aufforderung, die Kreuzung zu verlassen, kommen die Studentinnen und Stu-
denten mit auffallender Langsamkeit nach. Sie sammeln sich zu einem kleinen Protestzug und ziehen weiter Richtung Stachus.


Oliver Heymann fotografiert am 13. Mai mit seinem Handy die Sitzblockade
auf dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus.

Im Herbst besetzen Studierende die Akademie der Bildenden Künste an der Akademiestraße 2 – 4 und am 11. November auch noch das Auditorium Maximum in der Ludwig-Maximilians-Universi-
tät
am Geschwister-Scholl-Platz 1. Bei der Demonstration am 17. November meint die Kommilito-
nin Maren Ulbrich: „Mehr Leistung in kurzer Zeit ist auch die Devise der Bachelor- und Master-
studiengänge, die nicht am Interesse der Studierenden, sondern an den Bedürfnissen der deut-
schen Wirtschaft ausgerichtet sind.“2

Nach dem bundesweit erfolgten Aufstand der Studierenden heißt es am 10. Dezember, die Kultus-
ministerkonferenz und die Hochschulrektorenkonferenz setzen sich gemeinsam dafür ein:
- die Prüfungsbelastungen zu reduzieren, indem grundsätzlich nicht mehr als eine Prüfung pro Modul vorgesehen wird,
- die Arbeitsbelastungen für die Studierenden zu überprüfen und ein realistisches und vertretbares Maß zu gewährleisten,
- die Anerkennung der Prüfungsleistungen zwischen den Hochschulen national und international zu vereinfachen, um die Mobilität der Studierenden zu gewährleisten,
- die ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Bachelor- und Masterstudiengänge weitgehend zu flexibilisieren und
- keine über die ländergemeinsamen Strukturvorgaben hinausgehenden spezifischen Länderrege-
lungen zu treffen, die die Gestaltungsfreiheit der Hochschulen einengen.

„An der Ludwig-Maximilians-Universität in München organisiert die eigens gegründete AG Weih-
nachten alles, was mit Geschenken und dem Christkind zu tun hat. Für die Feiertage ist ein Thea-
terworkshops und Lesekreise mit Weihnachtsgeschichten geplant, ansonsten wollen die Studenten die freie Zeit nutzen, um Kraft zu schöpfen. — ‚Nach den anstrengenden Streik-Wochen tut uns die besinnliche Stimmung jetzt richtig gut’, sagt Rebecca von der Presseabteilung, ‚endlich können wir uns etwas erholen.’ Die noch etwa 30 Besetzer wollen ganz klassisch Heiligabend feiern. ‚Echt schön, dass es überall plötzlich so gut nach Plätzchen duftet’, schwärmt Rebecca und freut sich aufs Fest. Vor einer Räumung haben die Münchner keine Angst.“3

Ende Dezember „räumt“ die Polizei die Uni. Fünf Wochen lang haben Studierende „mehrere De-
mos (mit bis zu 10.000 Menschen), Besetzungen (erst Akademie, dann größter Hörsaal des LMU-Hauptgebäudes), zwei Straßenblockaden und nächtliche Spontandemos“4 durchgeführt.


1 Münchner Lokalberichte 5 vom 5. März 2009, 12.

2 Siehe die Bilder der Aktion „audimax besetzt“ vom 17. November von Andrea Naica-Loebell, „Vorsitzender der JU Hadern ruft zur Räumung des LMU Audimax auf“, „Die Besetzung des Audimax“ und Sailers „Ein Vorschlag zur Güte an die protestierenden Studenten“.

3 Die Zeit vom 23. Dezember 2009.

4 https://linksunten.archive.indymedia.org/node/16497/index.html