Materialien 1947

Am 8. September 1947 ...

stellten 34 Vorsitzende und Kläger von Münchner Spruchkammern aus Protest gegen mangelnde Personalpolitik und unsachliche Kritiken ihre Ämter zur Verfügung; am schlimmsten empfanden sie den Mangel an Rechts- und Ehrenschutz der Kammermitglieder.1 Obwohl in Bayern im Okto-
ber 1947 noch 540.000 Verhandlungen anhängig waren, die auch die bis jetzt aufgeschobenen schwereren Fälle betrafen, zeichnete sich schon im November 1947 ab, dass die allgemeine Spruch-
kammertätigkeit im ersten Halbjahr 1948 zu Ende ging.

Im Vergleich zeigen sich in der Bilanz der Entnazifizierung recht unterschiedliche Ergebnisse:

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Ein doppelt so hoher Prozentsatz an Hauptschuldigen im Vergleich zu Bayern und ein sechsfacher im Vergleich zu den gesamten Westzonen verweisen auf die zentrale Funktion und Bedeutung Münchens als „Hauptstadt der Bewegung“. Deutlich wird aber auch, dass die US-Behörden und
in der Folge auch die bayerischen wesentlich strengere Maßstäbe anlegten als die britischen oder französischen Behörden.

Der Einfluss der Gewerkschaften auf die Entnazifizierung wirkte in erster Linie auf die Praxis der Spruchkammertätigkeit. Bestimmenden Einfluss auf das Ministerium und Entscheidungen der US-Behörden errangen sie trotz wiederholter Versuche nicht. Nach den Sozialdemokraten waren die Gewerkschaftsmitglieder die zweitgrößte in den Kammern vertretene Gruppe; Mitglieder der KPD zogen sich nach zunehmender öffentlicher Kritik an der Entnazifizierungspraxis seit Ende 1946 immer mehr zurück.

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1 Vgl. GZ 17/1947, 6 und GZ 22/1947, 3.

2 Zahlen vom Ende 1949 aus: Statistisches Amt der Landeshauptstadt München (Hg.), Münchener Statistik, 1/1950, 26, und neu berechnet aus: J. Fürstenau, Entnazifizierung. Ein Kapitel deutscher Nachkriegspolitik, Neuwied 1969, 227 f.


Günther Gerstenberg, Trümmer, Hunger, Solidarität. Gewerkschaften in München von 1945 bis 1950, Münchner Skizzen 2, München 1997, 41.

Überraschung

Jahr: 1947
Bereich: Nazis

Referenzen