Materialien 1952

Sehr geehrte Frau von Kühlmann

Bonn/Rhein, den 25. April 1952

CDU/CSU-Fraktion
des Bundestages
Abg. Franz Strauß

Frau
Mira v. Kühlmann
Bernried
Starnberger See

Sehr geehrte Frau von Kühlmann!

Ihr Schreiben vom 19. April 1951 habe ich erhalten. Ich lege selbstverständlich großen Wert darauf, die Meinung des Volkes kennenzulernen und glaube alles zu tun, um enge Fühlung mit der Bevölkerung zu halten. Wenn Sie sagen, dass mein Vortrag im Bayerischen Rundfunk „Politik aus erster Hand“ alle tief enttäuscht habe, so muss ich Ihnen entgegenhalten, dass ich eine große Anzahl zustimmender Zuschriften erhalten habe, während Ihre ablehnende Haltung eine Ausnahme ist. Ich habe meine Meinung über die Notwendigkeit einer Eingliederung Deutschlands in ein vereintes Europa als Gegengewicht gegen einen übermächtigen Osten oft genug dargestellt, dass es keinen Sinn hat, es hier erneut zu tun. Ich möchte Ihnen nur zu Ihren Anwürfen, dass die Regierung ihren sozialen Verpflichtungen nicht nachkommt, dafür aber Milliardenbeträge für einen Verteidigungsbeitrag übrig hat, entgegen halten, dass etwa 40 Prozent der gesamten Bundesausgaben für soziale Zwecke verwendet wird. Das ist mehr als in allen anderen Ländern. Ich darf weiterhin bemerken, dass wir bisher weitere 40 Prozent für Besatzungskosten aufbringen mussten. Wenn dieser Betrag in Zukunft nach unserem Willen für echte Verteidigungszwecke verwendet werden soll, dann halte ich diese Verwendung für angebrachter, als wenn derselbe Betrag zu einem großen Teil für überflüssige Luxusausgaben der Besatzungsmacht ausgegeben wird.

Mit freundlichen Grüssen
Ihr
Strauß

NB: Denken Sie an das Wort Friedrich Naumanns: Was nützt uns die beste Sozialpolitik, wenn die Kosaken kommen?


Als Faksimile abgebildet in: Ferdl Miedaner alias Ferdinand Grüneisl, Kein Mensch ist ganz umsonst. Jüngere Zeitgeschichte mit autobiographischen Elementen, München 1995, unpag.

Überraschung

Jahr: 1952
Bereich: CSU

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