Materialien 1957

Der Baras und seine Forteile

Es giebt bei ins ahleweil noch Leite woh den Baras nichd wohlen. Disses darf nichd sein und misen ahle Jungen leite zun Baras und darf es keine Krigsdinstferweigerer nichd gem.

In meiner Heimad wo ich zu Haus bihn in Bayern giebt es Gotzseidank nichd fiele Krigsdinstfer-
weigerer, dehn wier sind ein Fordschritliches land und dierfen di Soldaden Exertzizien mitmachen und krigen einen abostolischen Segen und sind di Räligiohnskriege schon lange forbei. Der Segen kost nix und gibt es bei uns zwegen dem di ahlerwenigsten Krigsdinstferweigerer. Daraul kehnen mier Bayern schdoltz sein. Auserdem kahn man daraus sehen, das di bayrische Jugend im Zaital-
der der Razionalisirung und Automazion razional denkt und weis, das 21 Monate Ersazdienst lenger dauert, wi der gewenliche Miliderdinst.

Disses is ein Groser forteil und krigen di Krigsdinstferweigerer keinen Segen nichd, indem das disse Leite Mentschen zweiten Grades siend wi zn beischbill di Neger und Kohmunisten und giebt es fileichd wider Kontzendrazionslager und kohmen beschihmt nichd in den Himel.

Di Soldaden kohmen aber ahle in den Himel und kost der Segen sowiso nix- Disses is schon ein Groser forteil. Aber es giebt noch gantz andere Forteile fier di Soldaden.

Ich Xafer Bledsamer kehne disse aus eigenhendiger Erfarung und mus disse der Jugend, woh fileichd nicht zun Baros wihl und abseitz schtet, berichden und darf nichd abseitz schtehen.

Als Soldad brauchsd du dir keinen Antzug kaufen, indem du dissen fon Underofitzier geschengt krigst und brauchst nix zalen blos schtilschtehen und Schuhe und Sokn und di Underhose. Fier deine Wonung brauchst du keinen Baukostenzuschus und kost di Einrichdtung nix und brauchst keine Schdeuererklerung abgem und ieberhaubtz keine Schteuer zalen. Sogar das Esen krigst du geschenkt und brauchst nichd einmahl di Gas- und Schtromrechnung nichd zalen.

Du brauchst als Soldad nichd schwer arbeiden und krigst Zigareden und Schnabs und fier nix und wider nix Geld und kahnst disses ahles fersaufen und giebt es ieberahl bihlige Waiber, wo auch nichd fil kosten. Und brauchsd keine Krankenkase zalen und kahnst ahleweil zun Doktor gehen und giebt es eine Sondertzuteilung Guhmischuz, damit dier nix basirt – du weist es schon. Und wehn du disses noch nichd weist, wirsd du es bald lernen und is di Beste lerzeit der Libe und wehn dir wirglich was basirt, kahnst du zun Doktor gehen und kost wider nix und wehn dir was anderes basirt, brauchst du keine Alimende nichd zalen. Disses ahles is ein Graser forteil und wird dein schbeteres Ehewaib fon deiner Forbildung Grosen nutzen haben und Freide.

Disses is aber nach lange nichd ahles. Du krigst eine kulthurele Ausbildung und kanst das Gewer auseinandernemen, was der Tzifilist nie nichd lernt. In deiner Schtube hengen Bilder fon solcher-
nen Waibern, wo di Werfreidigkeit hebt und die Busen zwegen der Morahl und der „persenlichen Freiheid und zwegem dem Rickgrad und wirsd du so ein guter Kembfer mit den besten tradizio-
nehlen Eigenschafden des freien Soldaden gegen di bolschwistische. Unterdrickung der persenlich-
keit“. (Wi der gelihbte Leser warscheintlich schon geschbant had, is disser Hochbolidische Saz nich auf meinem eigenen Mist gewaxen, sondern auf dem Mist fon „Die Bundeswehr“ wo di Zaitung fir di Soldaden is und hawe ich daraus geschtolen.) Iberhaubz wirsd du ein weldgewanter Mentsch werden, indem das du di Gegend wo du ieberahl hinkohmst, genau schtudiren kahnst und darfst disse auf dem Bauch duechropen und weisd, wo ieberahl bihligo Waiber zun Haben sind und sonzt auch und kahnst du schbeter Indresantes erzehlen und sind dier di Tzsifilisden ahle neidisch. (Wehns du ein besonderes GIick hasd, kahnst du fileichd sogar di Kartofeln von unten anschauen.)

Dahn krigst du auch einen bolidischen Underichd wo wider nix kost und darfst lernen, was inser-
ner Groser firer God habe in sälig schon wisenschaftlich bewisen had, indem das di Rusen und anderen Kohmunisten insere Todfeinde siend und misen ausgemerzt werden und weisd wofir du kembfen und schderben must, Und brauchsd dafir keine Schderbefersicherung, indem das du ein Schtadsbegrebnis krigst wi di Minisder und di Musig schbild dazu und krigt deine Muter eine Danksagung wo drihn schlet „fier Firer, Folk und Faterland“ ode „fir Adenauer, Euroba und Abendland“. Disse Danksagung endert sich fon Zait zu Zait und sind deine Angeherigen ser schdolz darauf.

Das sich di Weld ein wenig ferendert had brauchst du nichd zun wisen und brauchst deinen Kobf nihd damit belasden, das es zun baischbill bald ieberhaubts keino Kolonien mer gibt und insere Feinde fileichd auch schisen und krigst, wehn schon kein Schdadsbegrebnis, mindestens einen Orden und eine Rente und darfst Schubandel ferkaufen und zun Krigerferein.

Disses sind ahles Forteile und noch fil mer und darf es keine Krigsdinstferweigerer mer gem und werden ein Folk in Wafen, und wisen, das mier den 1. Weldkrieg ferloren hawen, das mier den 2 Weldkrieg ferloren haben und den driten gewihnen mier auch. Disses beschtegt mit eigenhendiger Underschrift

Xaver Bledsamer


Der Deutsche Michel. Humoristisch-satirische Blätter, Düsseldorf, 8 vom 21. April 1957. Faksimi-
liert in: Ferdl Miedaner alias Ferdinand Grüneisl, Kein Mensch ist ganz umsonst. Jüngere Zeitge-
schichte mit autobiographischen Elementen, München 1995, unpag.

Überraschung

Jahr: 1957
Bereich: Bundeswehr

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