Materialien 1968

Wieder einer weg!

USGINFORMATION für das GISELA-GYMNASIUM

Ausgabe Nummer 7
16. März 1968

Nach einem halben Jahr ständiger Repression und Schikane durch seine Lehrer und Möchte-Gern-Pädagogen geht heute
Hans – Peter – KAPRETZ , ehedem Klasse 9a
von unserer Anstalt.

Nach zwei Nervenzusammenbrüchen musste er sich entschließen, aus der Schule zu gehen, da er keine andere Möglichkeit mehr hatte, dem ständig auf ihn ausgeübten Druck zu entgehen.

Was war geschehen?

Nachdem unser Mitschüler durch Festhalten an seiner eigenen, amtlich nicht genehmigten Meinung, die er auch offen vertrat, unangenehm aufgefallen war (OStDir. Buchner: „Bevor Du eigene Meinungen hast, musst Du erst einmal etwas leisten!“), versuchte man ihn durch Schulstrafen und Angriffe auf seine Persönlichkeit klein zu kriegen. (Prof. Haller: „Kapretz, Du bist ja noch immer nicht draußen!“)

Ein Exempel wird statuiert:

Auf Grund eines Arrestes wegen Heftvergessens gab man ihm einen Direktoratsarrest. (Dr. Buchner: „Ich würde Dir die Strafe ja nicht geben, aber die Klasse braucht eine Abschreckung.“)

Die Klasse will den Religionsunterricht von Prof. Simmerding boykottieren. Kapretz zitiert Artikel 136 GG über die Freiheit der Religion. Darauf Prof. Simmerding: „Du fieser Knülch, Du bist ja schon seit Jahren bekannt. An Dir sieht man, was für Eltern Du hast.“ Kapretz zitiert daraufhin Artikel 1 GG über die Unantastbarkeit der Ehre des Menschen. Prof. Simmerding droht ihm einen Verweis an und lässt ihn auf das Direktorat rufen. Dort Dr. Buchner: „Aus solchen Leuten wie Du entsteht der Notstand. Du bist ein Betrüger des Staates.“ Vorher hatte er ihm einen Meinungsknopf abgerissen. Darauf bekam Kapretz seine beiden Nervenzusammenbrüche.

Sicher war Kapretz wie die meisten anderen seiner Mitschüler nicht brav und mustergültig. Aber sein Verhängnis war, dass er eine politische Meinung hatte, die er auch offen vertrat.
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Verantwortlich: K. Friedrich, 8 München 13, Kaiserstr. 45
Eigendruck im Selbstverlag


Flugblattsammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung.

Überraschung

Jahr: 1968
Bereich: SchülerInnen

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