Materialien 1969

Ballade von der Geldwirtschaft

Ich weiß, es klingt immer abgeschmackter:
Marx, Freud und Fromm ham sich oft geirrt,
Doch des Geldes Arschcharakter
Ham sie richtig anal-ysiert.

Zehnmal täglich greif ich Scheiße an,
Zweimal meistens in der Straßenbahn,
Zweimal täglich, wenn ich Essen geh’,
Einmal dann am Abend im Café,
Zweimal je zwei Bröckelein am Telefon,
Einmal für die Pressemanipulation,
Einmal irgendwo am Freizeit-Klo,
Einmal irgendwann und irgendwo.

Es tut uns nicht überraschen:
Eltern wissen, was uns frommt,
Nach Geld angreifen, Hände waschen,
Wie wenn man vom Scheißen kommt.

Zehnmal täglich …

Scheiße, die tut Leistung messen.
Wer viel konsumiert, folglich viel scheißt,
Bleibt den Massen unvergessen,
Hat Prestige und folglich Geist.

Zehnmal täglich …

Einst wird alles frei verteilet.
Scheiße, die kommt in den Kanal.
Doch da die neue Zeit nicht eilet,
Heißt’s bis dahin auf jeden Fall:

Zehnmal täglich …


Rolf Schwendter, Lieder zur Kindertrommel, Langspielplatte, Essen 1969.