Materialien 1969

Erklärung der Basisgruppe Ost

Während in den Basisgruppen Süd, Nord und West die Aktionseinheit zwischen ‚Traditionalisten’ und ‚antiautoritären’ Sozialisten ziemlich lautlos zerbrach, weil die ersteren einfach wegblieben, wurde in der Basisgruppe Ost bis zur vergangenen Woche eine Aktionseinheit praktiziert. Diese hat, besonders deswegen, weil ihr politisch-strategischer Stellenwert nie exakt definiert wurde, gerade in letzter Zeit zu Spannungen innerhalb der Gruppe geführt. In der Zeit nach dem 1. Mai forderten daher die antiautoritären Genossen die Diskussion über die Möglichkeit der weiteren Zusammenarbeit. Im Verlaufe dieser Diskussion wurde immer klarer, daß in der Gruppe zwei verschiedene Sprachen gesprochen werden. Die ‚antiautoritäre’ Gruppe hat daraufhin eine Erklärung formuliert, in der sie einerseits die totale Zusammenarbeit mit der DKP aufkündigt, gleichzeitig aber Möglichkeiten und Formen eines zukünftigen Aktionsbündnisses aufzeigt. Inhalt und Form der Erklärung zeigen, daß es sich nicht um blindwütige Spaltung handelt, sondern um die aus einer klaren Analyse hervorgegangene Konsequenz. Man kann sagen, daß noch nie so sauber und ehrlich diese Frage behandelt wurde. Die Erklärung wurde von 15 Basisgruppenmitgliedern diskutiert und beschlossen. Weitere 6 Genossen, die an der Formulierung nicht direkt mitgewirkt haben, haben der Erklärung zugestimmt.

Darüberhinaus haben sich weitere z.T. neu hinzugekommene Genossen mit der Erklärung solidarisiert. In der Diskussion bestritten die DKP-Leute (z.T.) der Basisgruppe das Recht sich weiterhin als APO-Basisgruppe zu bezeichnen.

In den letzten Wochen und Monaten teilte sich die Basisgruppe Ost immer schärfer und übersichtlicher in zwei Lager: Eine DKP-Gruppe auf der einen Seite, eine antiautoritäre Gruppe auf der anderen Seite. Die Gegensätze spitzten sich insbesondere im Zusammenhang mit der 1. Mai-Kampagne soweit zu, daß die DKP-Gruppe die Aktionen der antiautoritären Gruppe öffentlich diffamierte und sich von der Politik der antiautoritären Gruppe öffentlich distanzierte. Die Voraussetzungen für eine weitere Zusammenarbeit in ein und derselben Gruppe schienen daher im Anschluß an den 1. Mai einer Reihe von Genossen nicht mehr gegeben. … In den letzten Monaten zeigte sich auch deutlich, daß ein so minimaler gemeinsamer Nenner kaum gemeinsame Aktionen ermöglicht: Während die DKP-Genossen in der Kampagne für Demokratie und Abrüstung und in der ADF tätig wurden, wo von den antiautoritären Genossen eine Mitarbeit abgelehnt wurde, ließen sich die DKP-Genossen in den Projektgruppen der Antiautoritären nicht blicken, so in der Kindergartengruppe, in der Schulgruppe, in der Betriebsgruppe, in der Projektgruppe 1. Mai und in der Wohngegendgruppe. An die Entwicklung und Erarbeitung einer gemeinsamen Politik und Strategie war unter diesen Umständen nicht mehr zu denken. Die antiautoritären Genossen haben diese Schwierigkeiten auf den letzten Sitzungen vorgetragen, um gemeinsam mit den DKP-Genossen Lösungen für diese Probleme zu erörtern. Die DKP-Genossen waren aber nicht bereit, die Eigenständigkeit der antiautoritären Bewegung anzuerkennen und die offensichtlichen Probleme der Gruppe ernsthaft anzupacken.


apo press 19 vom 28. Mai 1969, 12 f.