Materialien 1969
Erotic Art
(vg) Am 29. Oktober eröffnete die Humanistische Union in München die Ausstellung „Erotic Art” der Sammlung Phyllis und Eberhard Kronhausen, die vorher bereits in Lund/Schweden und Aarhus/Dänemark gezeigt wurde. Bis zum 4. Januar 1970 sind rund 500 Ausstellungsstücke dieser Sammlung erotischer und „pornographischer” Kunst in den Münchener Galerieräumen, Maximilianstraße 29, zu besichtigen.
Die Ausstellung, für die ein Kuratorium aus Dr. Herbert Hohenemser, Dr. L. Bayerthal, Prof. Ludwig Marcuse, Dr. Gerhard Szczesny, Prof. Dr. Ulrich Sonnemann (und anderen) verantwort-
lich zeichnet, wurde am 29. Oktober durch den Kulturreferenten der Stadt München, Dr. Herbert Hohenemser, eröffnet. Professor Ulrich Sonnemann, Bundesvorstandsmitglied der Humanisti-
schen Union, begrüßte die Gäste der Ausstellungseröffnung mit den folgenden Worten:
Verehrte Anwesende,
im Namen der Humanistischen Union heiße ich Sie herzlich willkommen.
Wenn die Kunst sich des Eros annimmt, zahlt sie eine Dankesschuld ab, denn der Eros, sonst wird aus der Kunst nichts, nimmt von je sich ihrer ohnehin an. Finden sich beide Vorgänge so innig, so kritisch und in vielen Fällen so glücklich vereinigt wie hier, nimmt sich der Eros, darauf läuft es hinaus, seiner selbst an. Da er gerade dabei aber Gefahr läuft, sich in lustfeindlichen Paragraphen zu verfangen, den gleichen Seelenschaden an ihnen zu nehmen, dem die Paragraphen ihrerseits schon entsprungen sind, kam die Humanistische Union ihm zu Hilfe.
Seit ihren Anfängen ist seine Sache, da sie die der Menschlichkeit selbst ist, auch ihre. Seit ihren Anfängen widersteht sie der Unzucht, die deren Begriff mit sich selber betreibt und die die einzige Unzucht ist, die bei näherem Hinsehen welche bleibt. Daher ist das nähere Hinsehen so erziehe-
risch.
Mit dieser Ausstellung erotischer Kunst, die dazu soviel Gelegenheit schafft, folgt die Humanisti-
sche Union um einen weiteren Schritt der Linie von Aufklärung, die mit art. 5, ihrem Lesetheater, schon vor einer Reihe von Jahren hier in München ihren produktiven Beginn hatte, dort in der Gesellschaft Assistenz zu leisten, wo Wahrheit herauswill. Das muss nicht eine theoretische, es kann auch eine Wahrheit der anschaulichsten, also erotischen Phantasie sein, ihrer Antizipationen von Glück.
Ich wiederhole meine Begrüßung in der Hoffnung auf Ihre volle Aufmerksamkeit auf Ihren Zugang zu einer Glückserfahrung, die die Aufmerksamkeit selbst schon dort spenden kann, wo sie so unge-
teilt sein darf wie hier. Ich danke Ihnen.
vorgänge 10 – 11/1969, 341.