Materialien 1974

Die Zeit ist knapp

Heute noch – sitzt ihr bequem in euern Häusern,
und glaubt, dass ihr frei von Unterdrückung seid.
Heute noch – redet ihr euch ein, dass es euch gut geht,
dass euch Wohlstand, Geld und Gut von eurer Unfreiheit befrein!

Heute noch – blickt ihr herab auf all die andern,
die geknechtet und gequält und entrechtet sind.
Heute noch – seid es ja nicht ihr, auf die sie schießen,
doch was kommen muss, das kommt, dann weht ein andrer Wind.

Morgen schon werden sie die Masken fallen lassen
und mit ihren Mörderfratzen vor euch stehn,
morgen schon werden fette Männer zu euch kommen,
einfach einkassieren was unangenehm und unbequem.

Doch wenn ihr leben wollt und wenn ihr frei sein wollt,
dann schneidet heute schon die Fäden ab,
und reißt die Hände weg, die an den Fäden ziehn,
und wehrt euch heute noch, die Zeit ist knapp. —

Wenn die Mächte euch zerbrechen,
dann zerbrecht, was euch zerbricht,
wartet nicht auf bess’re Zeiten,
denn von selbst kommen die nicht.

Bess’re Zeiten muss man machen,
denn sonst haben sie nur die,
die sie sowieso schon haben
und die schenken sie euch nie.

Und solang’ in diesem Staate,
der nur gilt, der etwas hat,
drückt man die, die nie was haben,
an die Wand und setzt sie matt.

wir sind mündig und schon lange
gut genug für dieses Leben,
wenn dir einer in den Arsch tritt,
musst du es ihm wiedergeben.

Denn der Mensch in seinem Grunde
ist nicht Tag und ist nicht Nacht,
ist nicht gut und ist nicht böse,
dazu wird er nur gemacht.

Wenn die Mächte euch zerbrechen,
dann zerbrecht, was euch zerbricht,
wartet nicht auf bessre Zeiten,
denn von selbst, – kommen die nicht!

Kollektiv „Rote Rübe“