Materialien 1977
Festival der Asphaltaktivisten in München vom 27. - 30. März
In München hat die Unterdrückung von Straßenmusik gewissermaßen Tradition. 1962 war sie der Auslöser für die berühmt-berüchtigten Schwabinger Krawalle. Und seitdem Münschens „gute Stu-
be“, die Fußgängerzone, existiert, nimmt der Kleinkrieg zwischen Geschäftsleuten und Behörden auf der einen Seite und dem bunten Völkchen auf der anderen kein Ende. Einmal werden sie ge-
duldet, was nicht heißen soll, dass sie auch erwünscht sind und dann wieder verboten oder viel-
mehr durch ständige Polizeikontrollen mit Hinweisen auf irgendwelche Vorkriegsparagraphen bis hin zu Anzeigen und Festnahmen systematisch vergrault und vertrieben. So läuft es auch zur Zeit und zwar verstärkt seit Anfang des Jahres. Wer in sechs Wochen öfters als dreimal erwischt wird, gilt als „Professioneller“ und muss mit Strafen rechnen.
Am tollsten trieben sie es am 19. Februar im Englischen Garten, als in einem symbolischen Festakt mit Theater und Gesang der Monopteros zum Kernkraftwerk München Mitte I erklärt wurde. Die Teilnehmer an dieser Aktion wurden durch zivile politische Polizei bespitzelt und gefilmt und als sie sich dagegen verwahrten, wurde scharf geschossen und noch etliche Leute verhaftet und ange-
zeigt (siehe Blatt 89).
Gegen solches Vorgehen der Stadt und der Polizei gegen Theater und Musikdarbietungen auf öf-
fentlichen Plätzen wehren wir uns und veranstalten in diesem Sinne in München ein Festival der Asphaltaktivisten. Das Ganze steigt am Sonntag, den 27. März und dauert bis zum 30. Erster Treffpunkt ist bei schönem Wetter der Monopteros im Englischen Garten ab 14 Uhr und bei schlechtem Wetter das Stadtteilzentrum Milbertshofen, München 40, Nietzschestr. 7 a ab 17 Uhr. Von dort aus werden wir uns für die nächsten drei Tage über die Stadt verbreiten, wobei auch die verschiedenen Stadtteilgruppen aufgefordert werden, diese Gelegenheit für ihre Arbeit zu nützen. Zwischendurch sollen immer wieder gemeinsame Treffen, Sessions, Feste stattfinden.
Wer noch mitmachen will, sei’s als Straßenaktivist, sei’s organisatorisch oder sonst wie, soll sich melden. Wer hat noch Schlafplätze frei? Kontakt: Tommi, Tel. 356865 9der 3593062. Nächste Besprechung am Mittwoch 16. März, 20 Uhr im Stadtteilzentrum Milbertshofen und am 23. März.
Es lebe das Leben, die Straße muss beben.
Blatt – Stadtzeitung für München 90 vom 18. März 1977, 10.