Materialien 1977
Kraftwerk in OHU abgebaut
ohu bei landshut, 5. juni 1977
In der Nacht vom 4. auf den 5. Juni entfernten unbekannte Täter das AKW in Ohu mit roher Gewalt. Erboste Kirchgänger stellten dies am Sonntagmorgen mit Bedauern und Entsetzen fest. Nach den bisherigen polizeilichen Ermittlungen muss diese Terror-Aktion folgendermaßen abgelaufen sein: die Täter, die in anarchistischen Kreisen vermutet werden, bestiegen im Schutz der Dunkelheit den Maibaum von Ohu, entfernten das aus Holz gefertigte KKI und brachten anstelle dessen zwei Antiatom-Sonnen an. Ohne Spuren zu hinterlassen, verschwanden nach vollbrachter Tat die Terroristen. Nach ihnen wurde noch am selben Tag eine bundesweite Fahndung eingeleitet.
In einer Stellungnahme, die an verschiedene Alternativ-Presseagenturen (apa) verschickt wurden, zeichneten gleich zwei Terror-Organisationen – wie sollte es auch anders sein – für die Tat verantwortlich.
In der Presseerklärung der „Blau-weissen-Armee-Fraktion, Kommando 7. Mai“ heißt es:
„Mia ham de Aktion gmacht, weil uns des Klump da drom auf dem Maibaum gstunka hot. Mia findns a Bluatssauerei, dass bloss, weil oana vo da Kraftwerksunion 250 Mark fürn Mei)baum gstift hot (der sowieso blos 350 Mark kost hot), unser oltbayrische Tradition durchn Dreck zogn wead. Des next Moi, wenn wiede a AKW auf irgendan Meibaum drom is, dann klaun ma glei den ganzn Meibaum.
Weg mit dera Propaganda vo de Grosskopfadn auf de Meibaum!
Koane AKWs auf de Meibaum und a sonst nirgens!
Hoit ma zamm, dann samma schdark!“
Die „Bewegung 4. Juni, Kommando Mathias Kneissl“ brüstet sich wie folgt:
„In der Nacht vom 4. zum 5. Juni wurde von uns in Ohu/Oberahrain eine Aktion im Sinne der Landschaftspflege durchgeführt. Dem protzigen Maibaum auf dem Gemeindeplatz entfernten wir das Zunftschild der Umweltvernichtungs AG., der Maibaum wurde zu einem Grossteil von den AKW-Betreibern bezahlt. Ein beheiztes Schwimmbad sowie steuerrechtliche Abgaben sollen die nächstliegenden Anwohner des AKWs bestechen, damit sie widerstandslos den Bau weiterer sowie die Inbetriebnahme des fertiggestellten KKI hinnehmen. Auf die dreckige Politik der Atom-Mafia wollten wir mit unserer symbolischen Aktion nochmal hinweisen.“ Diese Erklärung trägt den Poststempel vom Watzmann.
Sachdienliche Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, nimmt die Oberpolizeidirektion Ohu oder jede andere Polizeidienststelle entgegen. Als Belohnung wurde ein Jahresabonnement der Zeitschrift „Unsere Polizei“ ausgesetzt.
Blatt – Stadtzeitung für München 97 vom 17. Juni 1977, 6.