Materialien 1977
An die Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I
Justizgebäude, Maxburgstrasse
8 München 35, Postfach
Seit Donnerstag, den 28. April 1977, stehen unsere Geschäftsräume in der Adalbertstrasse 41 b – 43 unter ständiger Überwachung durch uniformierte Polizeibeamte. Die Pressestelle des Polizeipräsidiums hüllt sich in Schweigen.
Wir und unsere Kunden meinen dazu folgendes: Kauft nicht beim Juden oder was der deutsche Schutzmann unter Schutz versteht.
Vielleicht erinnert sich mancher noch an die Bilder von Schupos vor jüdischen Geschäften. Sie hatten die Aufgabe, diese Geschäfte zu „schützen“, und hinderten doch wahrlich niemand daran hineinzugehen. Hat es sich dabei um Volksverhetzung gehandelt?
Kauft nicht bei Extremisten (was immer man hierzulande darunter verstehen mag: Oder was die Deutsche Polizei so unter Schutz versteht!)
Vielleicht sollte sich mancher (auch die Presse) diese Bilder einmal ansehen. Da stehen sie wieder, stumm und bedrohlich, aber sie stehen da, und hindern doch wahrlich niemand ins Geschäft zu gehen. Nur gelegentlich schreiben sie sich Autonummern auf, fotografieren, kontrollieren, kurzum, wir werden bestens geschützt.
Nur: Gerade gegen diesen Schutz wollen wir uns wehren, gerade vor diesen Beschützern wollen wir uns schützen. Deshalb erstatten wir und unsere Kunden Anzeige wegen Volksverhetzung nach § 130/3 StGB.
Die Verhetzung der Angestellten und Kunden der BASIS-Buchhandlung durch oben dargestellten „Schutz“ ist auch geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, da jeder Passant der Adalbertstraße von dem deutlich sichtbar, drohend vor der Tür aufgestellten Polizeiwagen Kenntnis nehmen kann.
Dieser Straftat der Volksverhetzung sind die Besatzungen der Einsatzwagen mit dem Kennzeichen M-31775, M-32062 und M-7277 in der Zeit vom 28. April 1977 10 Uhr bis 1. Mai 1977 (und wie es scheint auch noch weiterhin) sowie deren Einsatzleiter, Vorgesetzte und der Polizeipräsident von München, Herr M. Schreiber, verdächtig.
Als Zeugen werden Angestellte, Kunden, Nachbarn der BASIS-Buchhandlung benannt.
Gleichzeitig mit der Anzeige wegen Volksverhetzung gegen obige Personen leiten wir rechtliche Schritte wegen Rufschädigung und Geschäftsschädigung gegen die Verantwortlichen der „SCHUTZAKTION“ ein.
Darüberhinaus erstatten wir Anzeige gegen alle Beamten der vor dem Geschäft aufgestellten Einsatzwagen wegen Verstoßes gegen geltende Verkehrsvorschriften (Fahren entgegen der Einbahnstrassenregelung in der Adalbertstraße ohne jede zwingende Notwendigkeit).
Zusätzlich erstatten wir Dienstaufsichtsbeschwerde gegen sämtliche Beamten der Einsatzwagen, da sie weder Zweck noch Einsatzleitung ihrer Aktion, auch nicht nach mehrmaliger Nachfrage, bereit waren bekanntzugeben.
BASIS-Buchhandlung
Blatt – Stadtzeitung für München 92 vom 6. Mai 1977, 55.