Materialien 1979

Einstieg in die Frauenpolitik

1979 fing bei MBB die Frauenpolitik an, vor allem mit Frauen, die sich falsch eingruppiert fühlten. Ich erinnere mich noch an einen Fall, der sehr extrem war. Da kam eine verhuschte, hutzelige, unsympathische Frau und wollte einen Termin bei mir. Die Sekretärinnen sagten, dass ich die ja nicht anhören sollte, das wäre eine böse Frau, die überall bloß stänkern würde. Aber was sie wollte, war eben doch begründet, denn sie beschwerte sich bei mir, dass sie viel weniger Gehalt bezöge als ihr Mann, der genau dieselbe Arbeit machte. Als ich sie fragte, wie lange sie das schon wisse, sagte sie: „Seit zehn Jahren.“ Man stelle sich das vor, es ist Ende des Monats, beide gucken sich ihren Lohnzettel an, und der Mann verdient wesentlich mehr für exakt dieselbe Arbeit – jeden Monat, zehn Jahre lang. Damals war unser Frauenprogramm schon in der Diskussion, so dass es keine große Anstrengung war, die Frau korrekt einzustufen, aber die zehn Jahre waren verloren. Dann kam sie mit einem riesigen Blumenstrauß wieder zu mir und war eine völlig andere Frau: modern angezogen, ein bisschen geschminkt, gut frisiert, völlig verwandelt. Als sie somit rehabilitiert war, war sie eine andere Person, mit einem ganz anderen Gesicht, weil sie durch die Anerkennung auch eine andere Identität bekam.

Christa Lippmann


Ingelore Pilwousek (Hg.), Wir lassen uns nicht alles gefallen. 18 Münchner Gewerkschafterinnen erzählen aus ihrem Leben, München 1998. 141 f.

Überraschung

Jahr: 1979
Bereich: Frauen

Referenzen