Materialien 1982

„Habe d' Ehre Herr Schmidt“

Grantelei über Sparpläne

Spätestens seit’m AEG-Zusammenbruch is mir klar wor’n, des trifft wieder bloß unseroan. Wahrscheinlich stellt si jetzt in Bonn no oana hin und vazählt: De Arbeiter und Angestellt’n ham de AEG kaputtg’arbat.

Dabei hätt ma’s wissn müaßn, wia unser hanseatischer Klavierspieler namens Schmidt verkündet hat, dass es „Grausamkeiten“ geb’n wird. Dafür ham’n die Lohnempfänger schließlich a g’wählt, dass er jetzt mit eanerne Notgroschn der ewig notleidenden Großindustrie as Mei vollstopft. Wo holt er si de paar fehlnden Milliarderl, da guate Mo, do wo’s Geld hoit a dick vorhanden is, bei de Arbeitslosn, bei de Rentner, bei de Student’n, bei dene, die krank san.

Zwar steig’n die Arbeitslos’nzahlen rapide (Die Investitionen von gestern san wohl de Arbeitslos’n vo heut, de Kürzungen von heut san die Stempler von übermorg’n) aber die Zuschüß an’d Bundesanstoit für Arbeit, de muaß ma kürz’n. Des trifft dann wieder de Arbeitslosn, dene dann a Teil von der Rent’n und Krankenversicherung fehlt.

Wer 1969 an Willy Brandt zu seiner Kanzlerwahl gratulieren wollt, der hot für de Postsendung an die 30 Prozent weniger zahlt als der, der heut an Schmidt an Abschiedsbrief schreibt. Krank ärgern über den Kürzungsverhau derf ma si a nimmer, weil der Krankenstand zum Luxus wor’n is. Sowoi da Krankenhausaufenthalt als a d’Medizin, Rezeptgebühr und natürlich a die Kuren san so teuer worn, dass ma dene in Bonn scho längst wos huast’n müaßt.

Und natürlich kummt jetzt no gar oana auf die Idee, dass ma bei de Arbeiter, wann’s krank wern, wieder de varreckt’n Karenztog einführt. Und weil uns die Großkonzerne zur Zeit so gern auf d’Straß setzn, do hot sie der Kanzler wos einfalln lass’n; Schuld an der Arbeitslosigkeit san doch eigentli de Arbeitslosn, oiso de Arbeiter und Angestelltn selber, dann solln’s a mehr zahl’n.

Aber dafür werd’n vernünftige Sachen g’macht mit dem Geld, wos dadurch reikummt. Des werd wieder so Arbeitsplätze-schaffend o’glegt, wia de Investitionen im letzt’n Johr: host nie wieder was g’seng und g’hört davon. Aber dafür könna mia uns jetzt an’d Brust klopfn und song: Mia hamma zwar z’wenig Krank’nbetten, koane Lehrstell’n für Schuiabgänger, mia hamm zwar immer weniger Arbeitsplätz’, aber dafür hamma steigende Kriminalität, Selbstmorde, Verelendung von junge Leit, dafür hamma an Riesenhaufa neue blitzblanke Waffensysteme ei’kauft, wo ma unsere Nachbarn glei fuchzehnmoi vanicht’n kenna, dafür hamma Atomsprengköpf im Sonderangebot kriagt, oana bloß so teuer wia zwanz’g Schuihäuser.

Do frein si aber de kloana Leit, dass sovui für sie do word’n is von der Regierung, die jetzt platzt is. Aber vielleicht hot’s eana nia jemand g’sogt, dass ma uns des olles eigentlich grod umkehrt vorg’stellt ham, damals, neunasechzge? Vielleicht hamma a olle mitananda z’leise gredt, weil ma g’moant ham, de kemma scho no raus, mit ihr’m arbeitnehmerfreundlich’n Programm, aber leider, auf’d Mitbestimmung wart’n mia no immer, nur des hams durchg’setzt, dass in der „Sozial“-Politik jetzt a no a echter Graf mitbestimmt hat. Vielleicht müaß ma lauter schrein. Net nua leise fluacha und d’ Faust in da Taschn ball’n. I woaß a net, aber, wenn jetzt beispielsweise a große Arbeitnehmerorganisation – i wui koan Nama nenna – sich entschliaß’n tat, dass amoi ganz laut „HALT“ schreit, i glaub, i schreiat mit. Und wenn die Schwarz’n jetzt den Kurs übernehma, dann erst recht.

C.K.


wir. Information für Betriebs- und Personalräte, Vertrauensleute, Jugendvertreter, hg. vom DGB-Kreis München 4/1982, 17.