Materialien 1982
Meister Gauweiler putzt so sauber, dass man sich drin spiegeln kann
Als George Orwell seinen utopischen Horror-Roman „1984“ (Der große Bruder) schrieb, ahnte noch niemand, dass diese Story, die von der Kontrolle und Überwachung der Menschen bis ins Privatleben handelt, sich in einigen Jahren verwirklichen würde.
Heute 1982 (1984: Wahl, bei der einer sehr konservativen Partei mit faschistischen Tendenzen sehr große Chancen eingeräumt werden!) ist diese Vision längst Wirklichkeit geworden.
Die Fußgängerzone, die lange Zeit einen Freiraum in München darstellte, wo jedermann hingehen, sich hinsetzen und musizieren konnte, ist nun endgültig durch CSU-Politiker, Stadtrat und OB Kiesl gekillt worden. Auf Geheiß von verschiedenen Geschäftsbonzen, um die Leute noch mehr vom Konsum abhängig zu machen und um jeden Widerstand, der sich für ein menschenfreundli-
ches Zusammenleben einsetzt, zu brechen, beschlossen die politischen Wermutsbrüder ein Bullen-
korps einzusetzen, welches die Leute kontrollieren und die kritischen Menschen vertreiben soll. Unter Führer Gauweiler soll die Fußgängerzone zu einer Sperrzone, in der nur die feschen, unkri-
tischen, sauberen Bürger verkehren, werden. Für die Musiker ist es fast sinnlos geworden, in der „Zone“ aufzutreten (nach einer Stunde „Standortwechsel“, „Musiziergenehmigung“ und „Verbot von bestimmten Musikinstrumenten“).
Die Säuberung und das Kastenwesen findet nicht 1984, sondern schon 1982 statt. – Da können wir dem Gauleiter nur noch ein lautstarkes Heil wünschen.
Darum kommt alle in die Fußgängerzone mit Musikinstrumenten am Freitag, 2. Juli, um 16 Uhr.
Flugblattsammlung, Archiv der Münchner Arbeiterbewegung.
„… dass man sich drin spiegeln kann“ = Paraphrase auf einen Werbeslogan von Meister Propper