Materialien 1987

Denkmal für Deserteure: Monument verhöhnter Rechtsordnung

Ein „Denkmal für Deserteure“ auf dem Odeonsplatz oder am Gasteig? Das halte ich für einen Faschingsscherz. Einen schlechten zumal. Denn ich kann nicht glauben, dass sich erwachsene Menschen außerhalb der Gesetze unserer demokratisch verfassten Gesellschaft stellen. Nach § 16 des Wehrstrafgesetzes wird nämlich mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren bestraft, wer desertiert.

Fahnenflucht ist eine verwerfliche Handlung. Sie ist das schmähliche, gemeine „Im-Stich-Lassen“ der eigenen Kameraden, der eigenen Brüder und Schwestern, Söhne, Eltern und Töchter, das Verraten unseres Volkes um persönlicher Vorteile, um der Eigensucht und Feigheit willen. So ist ein „Denkmal für Deserteure“ für mich ein „Denkmal des unbekannten Drückebergers“ und das Monument unserer verhöhnten Rechtsordnung.

Dass amtliche Stellen – wie von den „Spätverweigerern“ gewünscht – dafür auch noch Geldmittel oder auch nur einen Standort bereitstellen, ist demnach undenkbar, sind sie doch in besonderem Maße zur Gesetzestreue verpflichtet. Ich hoffe deshalb sehr, dass sich der Stadtrat unserer zu den größten Garnisonsstädten zählenden Stadt München einem Antrag auf Aufstellung dieses provo-
zierenden Denkmals verweigert.

Dipl.-Ing. Zedler, Brigadegeneral,
Kommandeur der Pionierschule und Fachschule des Heeres für Bautechnik
Prinz-Eugen-Kaserne
München


Süddeutsche Zeitung vom 21. Dezember 1987.

Überraschung

Jahr: 1987
Bereich: Bundeswehr

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