Materialien 1987
„Wenn jeder Student seine Semester damit verbringen würde, das Denken zu erlernen, dann würden wir alle sehr schnell in einer Sackgasse landen“
(Strauß bei der Grundsteinlegung)
Zur Erweiterung der Fachhochschule ließ sich am 28. Oktober 1987 auch der bayerische Regent nicht lumpen und stattete „seinen“ Untertanen einen Besuch ab. Auch der Allgemeine Studentenausschuss (AStA) und die Fachschaften wollten sich nicht lumpen lassen. Sie planten diesen Empfang ebenso enthusiastisch zu erwidern. Auf unser freies Meinungsrecht vertrauend, zogen wir vor den Ort des Geschehens. Ein paar Auserwählte, im Besitz von Einladungen konnten Strauß aus nächster Nähe bewundern, ansonsten war die Anwesenheit von Studenten nicht erwünscht. Kessler, der Präsident der Fachhochschule hatte vorgesorgt. Sicherheitsstufe eins: die Hochschule wurde zur rechtsfreien Zone erklärt. Strauß und Kessler machten den Studentinnen und Studenten mit Hilfe einer riesigen Polizeitruppe klar, wer hier das Sagen hat.
Polizisten in Uniform und in „Flanell“ verhindern „Unsinn“.
Einzelne Einladungen gerieten trotzdem in die Hände „potentieller Störer und Querulanten“. Diese an die heilige Stätte der Grundsteinlegung vorgedrungen, sahen sich aber nicht von Kommilitonen/innen umgeben, sondern die politische Polizei lachte uns siegesgewiss ins Gesicht. Kommissar König (K 14 = politische Polizei) beeilte sich, mit dem „freundlichen“ Ratschlag: „Aber Sie wollen doch nicht schon wieder Unsinn machen“. Wir waren also schon bekannt und unsere Meinung schon Unsinn, bevor sie jemand gehört hatte. Damit diesen „Unsinn“ niemand hören kann, ging die Polizei folgendermaßen vor: Das Enthüllen eines Transparents mit Faustschlägen und Fußtritten verhindert. Zwischenrufe mit Tritten in die Eier und Schlägen ins Gesicht quittiert. Als Nachtisch Fausthiebe auf den Kopf. Schließlich das Hausrecht entzogen und wir landeten vor der Tür. Auf diesen Polizeiterror nicht vorbereitet, wollten wir unseren Protest wenigstens aus der Ferne zum Ausdruck bringen. Im gegenüberliegenden Hochschulgebäude entrollten wir Transparente aus den Fenstern: „Strauß ans Fließband – Arbeiter an die Hochschule“. Dieser Slogan fand nicht nur bei den Studenten/innen Sympathie. Auf den Gesichtern der anwesenden Reinemachefrauen stellte sich breites Grinsen ein und sie unterstützen unsere Forderung mit lautstarken Stoppt-Strauß-Rufen.
Das Ganze ein Lehrstück darüber, wie sich diese Herren Demokratie vorstellen: Strauß kam und sprach und Kessler ließ prügeln.
(Demokratische Student/innen im BRENNPUNKT LINKS)
Demokratischer Informationsdienst 67 vom Januar 1988, 35 ff.