Materialien 1988
Ist Volksverhetzung wieder möglich?
Offener Brief an Oberbürgermeister Georg Kronawitter
Auf der Bürgerversammlung am 4. Mai 1988 im Gasthaus Peitz-Bock gab es heftige Tumulte. Was war passiert? Da verglich ein Bürger die Ausländer mit Dreck und gibt ihnen an der Müllmisere alle Schuld. Er warnt vor der Verschmutzung des deutschen Bluts durch Ausländer und fordert ein Beschäftigungsverbot für sie … Bürgermeister Zehetmeier zwingt die laut protestierenden Freimanner und die anwesenden, auf diese Weise beleidigten Ausländer, sich die faschistische Hetzrede bis zum Ende anzuhören. Während der reichlich acht Minuten Redezeit hatte Zehetmeier trotz der vehementen Proteste den Redner zweimal aufgefordert, weiter zu sprechen, und dies, obwohl nur fünf Minuten als maximale Redezeit für alle anderen Redner galt … Dies war, und das habe ich Herrn Zehetmeier öffentlich mitgeteilt, eine skandalöse Versammlungsleitung. Von der Landeshauptstadt München fordern wir zwecks Vermeidung von Wiederholungen:
eine Untersuchung des Verhaltens von Dr. Zehetmeier und gegebenenfalls eine Rüge, sowie eine Entschuldigung gegenüber der Bürgerversammlung im BA22
eine Verhaltensanweisung an künftige Versammlungsleiter, aus der hervorgeht, wie künftig solchen Anfängen gewehrt werden kann.
Wir bitten Sie, zur Klärung des Vorfalls das Tonbandprotokoll und den schriftlichen Antrag erwähnten Redners zu Rate zu ziehen.
Herbert Grach,
Aktionsgemeinschaft Retten den Münchner Norden, e.V.
Der Stadtbote. Politischer Rundbrief für München 27 vom 15. Juli 1988, 9.