Materialien 1988

Veranstaltung gegen Ausländergesetzentwürfe

Bei über 200 Anwesenden wurden am 10. November 1988 die Ausländergesetzentwürfe des Innenministeriums als „deutschnational und ausländerfeindlich“ angegriffen. Initiator dieser Veranstaltung war der RAV (Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein), mehrere Organisationen waren Mitaufrufer oder Unterstützer, leider aber weder der DGB noch der – in München nicht gewählte Ausländerbeirat. Referenten waren Rechtsanwalt Heinhold (RAV), K. Göbels vom DGB-Bundesvorstand und Prof. Federn, jüdischer Emigrant aus Nazideutschland und Psychoanalytiker. Der Kabarettist Polt sorgte für scharfe und treffende Einlagen.

RA Heinhold nannte die Gesetzentwürfe „Kampfgesetze“ gegen Ausländer. Er betont, dass es den „deutschen Nationalstaat“ in der Geschichte nie gegeben habe, dass aber mit dieser Vision immer wieder in den Entwürfen und v.a. im Vorwort als Schreckgespenst die „multinationale Gesellschaft“ aufgebaut werde. Der Widerspruch zu diesem deutschen Nationalismus sei aber nicht der EG-Binnenmarkt, gewünscht werde der flexible Arbeiter, der sich nur vorübergehend anheuern ließe. Auch im Entwurf zum AIG gäbe es für die, die schon lange hier sind, keine gesetzlichen Verbesserungen gegenüber dem jetzigen Ausländergesetz. Im AAG gäbe es keine Rechtsansprüche für Nichtdeutsche, der Ermessungsspielraum werde immer zugunsten deutscher Interessen gegen den Ausländer verwandt. Man kann hier nicht auf alle Ausführungen eingehen, bemerkenswert war, dass Heinhold bei der politischen Unterdrückung v.a. auch der Flüchtlinge anführte, dass Befreiungskämpfe in den Herkunftsländern oft gerechtfertigt sein können und Asylbewerber hier, wenn sie die Berechtigung dieser Kämpfe propagieren, in Zukunft noch stärker unterdrückt und verfolgt werden können als bisher.

Der Vortrag von K. Göbels vom DGB-Bundesvorstand brachte viel Zahlenmaterial zur Lage der Ausländer in der BRD und referierte die Positionen des DGB. Insbesondere die vorgesehene Rotation von ausländischen Arbeitern lehne der DGB ab. Er bekräftigte auch die Forderung nach kommunalem Wahlrecht. Seine Hoffnung auf einen tragfähigen Kompromiss eines modernen Ausländergesetzes im Parlament lässt allerdings einiges befürchten.

Prof. Federns Referat griff die Gesetzentwürfe v.a. aus der Sicht des Psychoanalytikers an und lieferte interessante Anhaltspunkte, die hier aber nicht im einzelnen wiedergegeben werden können.

Auf der Veranstaltung wurde auch zum nächsten Vorbereitungstreffen für eine bayerische Demonstration gegen die Ausländergesetzentwürfe und mit positiven Forderungen der ausländischen und deutschen Organisationen aufgerufen. Die Demonstration selbst ist für Februar/März 1989 geplant.

(Isc)


Münchner Lokalberichte 17 vom 5. Dezember 1988, 2.

Überraschung

Jahr: 1988
Bereich: AusländerInnen

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