Materialien 1989
Zukünfte denken
Vortragsreihe der HU München fortgesetzt
Mit vier Vorträgen im Januar und Februar hat der Ortsverband München der HU seine Vortragsreihe „Zukünfte denken“ vom Winter 87/88 fortgesetzt. Erschreckend waren dabei die Zukunftsperspektiven, die in den beiden Vorträgen „Hat Atomstrom noch eine Zukunft?“ und „Droht uns eine Klimakatastrophe?“ aufgezeigt wurden.
Prof. Dr. Wilhelm Hering sprach über die offenen und verdeckten Probleme einer langfristigen Nutzung der Atomenergie, für die keine technischen Dauerlösungen bekannt sind: die Verarbeitung der ständig wachsenden Zahl verbrauchter Brennelemente und ihrer Endlagerung; die für diese Technologie erforderliche Sicherheitsstruktur mit ihrem Polizeistaat-Schatten auf wichtigen Teilen des öffentlichen und privaten Lebens; die bisher wenig diskutierten Probleme der langfristigen Bindung enormen Volksvermögens, das auf bessere Weise für Energiesicherung, Ressourcenschonung und Umweltsanierung eingesetzt werden könnte.
Das klare Ja von Prof. Dr. Peter Fabian auf die Frage „Droht uns eine Klimakatastrophe?“ ließ so manchen Teilnehmer erst mal tief Luft holen. Verständlich wurde dargelegt, durch welche Schadstoffe der weltweite Anstieg der Temperaturen in Bodennähe verursacht wird, die Verlagerung der Zirkulation und der Niederschlagszonen, der Anstieg des Meeresspiegels und die Abkühlung der höheren atmosphärischen Schichten; globaler Ozonschwund und antarktisches Ozonloch, deren Verkoppelung und Rückwirkung auf das Klimasystem. Ob wir die Fähigkeit haben werden, dieser schier hoffnungslosen Situation durch einen tiefgreifenden Umdenkungsprozess zu entkommen?
Der Schriftsteller Dieter Lattmann versuchte in seinem Vortrag „Die Minderheit in der Mehrheit – wie die Überzeugung einer Minderheit zur Meinung der Mehrheit werden kann“ aufzuzeigen, wie in der allgemeinen Gefahr die Minderheit alle Phantasie und Überzeugungskraft daransetzen muss, um Unheil abzuwenden.
Umdenkungsprozesse sind auch nötig, um endlich eine Strafvollzugsreform zu entwerfen, die diesen Namen verdient.
Prof. Dr. Georg Wagner, selbst seit Jahren im Strafvollzug tätig, machte in seinem Vortrag „Die Fortführung der Strafvollzugsreform als Antwort auf die ansteigende Kriminalitätsrate“ die Schwierigkeiten deutlich, die die Vollzugsanstalten mit ihrer Aufgabe haben, die Gefangenen nicht durch Repression, sondern durch resozialisierende Alternativen zu einem Leben ohne Straftaten zu befähigen.
Mitteilungen der Humanistischen Union 125 vom März 1989, 13.