Materialien 1989

1.000 demonstrieren gegen Hanns-Seidel-Stiftung

In der Münchner Presse war nichts darüber zu lesen: Rund 1.000 Menschen demonstrierten am 20. November gegen das „Franz-Josef-Strauß-Symposium“ der Hanns-Seidel-Stiftung. Bereits im Vorfeld gab es gerichtliche Auseinandersetzungen, die Auftaktkundgebung konnte nicht wie ge-
plant gegenüber dem Tagungsort, dem Hotel Vier Jahreszeiten stattfinden, sondern musste nach einem 2.-lnstanz-Urteil des Verwaltungsgerichtes auf den Max-Josefs-Platz bei der Residenz ver-
legt werden. Die Demonstration selbst war zwar kurz, aber kraftvoll und lautstark. Die Polizei hielt sich während der Demo merklich zurück, es gab über Funk Anweisungen, dass nicht gefilmt wer-
den soll, dass Leute mit Tüchern vor dem Gesicht nicht herausgegriffen werden sollen usw. Der Grund dafür war der Transport der „Staatsgäste“ vom Hotel in die Residenz, wo um 19.30 Uhr ein Empfang der Bayerischen Staatsregierung stattfand, er sollte ungestört vonstatten gehen.

Besondere Aktualität erhielt die Demo durch den sich entwickelnden Volksaufstand in El Salvador. Staatspräsident Christiani, der auf der Tagung über die „Zukunft der Demokratie in Zentralameri-
ka“ reden sollte, konnte deshalb nicht kommen. Wie seine Art von Demokratie aussieht, zeigte er allerdings – ist er doch verantwortlich für den Abwurf von Brandbomben auf die Armenviertel der Städte von El Salvador. Auf der Gegenkundgebung sprach deshalb auch ein Vertreter der FMLN über die aktuelle Lage. Weiter gab es Redebeiträge aus der Anti-Apartheid-Bewegung, der Gewerk-
schaft, Gabi Gottwald setzte sich mit den Machenschaften der HSS auseinander, die AG internatio-
nalistischer Frauen griff den BRD-lmperialismus und seine Expansionsgelüste gen Osten an.

Thema war auch der Tod einer Antifaschistin in Göttingen. Sie wurde am 17. November von der Polizei auf die Straße getrieben und von einem Auto überfahren. Bereits am 18. November fand in München dagegen eine Spontan-Demo statt, an der sich ca. 80 Leute beteiligten. Sie wurde bald nach Beginn von der Polizei in eine Seitenstraße abgedrängt und eingekesselt. Danach gab es Per-
sonalienfeststellung bei ca. 40 Leuten, teilweise Mitnahme in die Ettstraße bis zum nächsten Mor-
gen. Parallel dazu besuchten 15 Leute eine Premiere in den Kammerspielen und erreichten dort, dass sie drei kurze Beiträge zu Göttingen, El Salvador und zur Hanns-Seidel-Stiftung halten konn-
ten.

(ror)


Münchner Lokalberichte 24 vom 29. November 1989, 8.

Überraschung

Jahr: 1989
Bereich: CSU

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