Materialien 1990
Das neue Ausländergesetz ist ein Ausgrenzungsgesetz
- Es liegt schwer im Magen -
Gemeinsame Erklärung der türkischen Spezialitätenrestaurants
Liebe Münchnerinnen! Liebe Freunde der türkischen Küche!
Der Bundesinnenminister Schäuble hat einen neuen Ausländergesetz-Entwurf vorgelegt. Der Entwurf wurde im Kabinett angenommen. Das Ziel des Innenministers ist es, diesen neuen Entwurf im Eilverfahren noch in dieser Legislaturperiode vor der Sommerpause im Bundestag verabschieden zu lassen. Im Zuge der politischen Entwicklung in Osteuropa und insbesondere in der DDR wird diesem neuen Gesetz von der deutschen Öffentlichkeit kaum Beachtung geschenkt. Jedoch unterscheidet sich dieses neue Gesetz von dem nationalistisch und ausländerfeindlich geprägten Entwurf vom ehemaligen Bundesinnenminister Zimmermann inhaltlich kaum. Genauso wie in dem alten Entwurf werden auch in dem neuen die Ausländer als eine Gefahr für die deutsche Gesellschaft betrachtet, und dementsprechend ist dieser voll von Abwehrmaßnahmen, die darauf abzielen, den rechtlichen Status der nicht-deutschen Bürger als Menschen zweiter Klasse festzuschreiben. Trotz der im Vergleich zum alten Entwurf moderat klingenden Formulierungen ist der neue Entwurf nichts anderes als der alte Geist im neuen Gewande.
Wieder müssen die ausländischen Bürger in diesem Jahr, wo in München drei Wahlen stattfinden, als Sündenböcke herhalten und werden als politische Manövriermasse benutzt. Unter Druck der republikanisch-rassistischen Entwicklung verhärten die Rechtsparteien ihre seit jeher ausländerfeindliche Politik. Die Wahlkampfparolen gegen das ohnehin nicht existente Ausländerwahlrecht bestätigen unsere Befürchtung und Feststellung, dass die ausländerfeindliche Stimmung in diesem Lande stark angekurbelt wird. In diesem Lande, in dem wir zum gesellschaftlichen Wohlstand durch unserer Hände und Kopfes Arbeit genauso beitragen, in dem wir zum Teil seit 30 Jahren leben, lieben und arbeiten, in dem wir genauso zur kulturellen Vielfalt und Bereicherung beitragen, in dem wir uns in einem gegenseitigen menschlichen und gesellschaftlichen Austausch- und Entwicklungsprozess befinden.
Die Ausgrenzung und diskriminierende Sonderbehandlung von Minderheiten hat nicht nur Konsequenzen auf sozial schwache Gruppen, sie ist auch ein Zeichen der Demontage der demokratischen Strukturen in diesem Lande. Das „Ausländerproblem“ ist nicht nur eine Problem der Nicht-Deutschen, sondern vielmehr ein Problem aller Mitglieder dieser Gesellschaft. Deshalb rufen wir die Münchner Bürgerinnen auf, sich gegen diese ausländerfeindliche Entwicklung zu stellen, gegen das geplante Ausländergesetz zu protestieren und für rechtliche Gleichstellung deutscher und nicht-deutscher Bürger einzutreten.
Anadolu Dost Kapadokya Kasik Merhaba Schwimmkrabbe
Stadtmagazin München 4 vom 22. Februar 1990, 163.