Materialien 1992

Auszüge aus einem Redebeitrag für die Veranstaltung am 25. Juni 1992

Der Weltwirtschaftsgipfel … dient der Abstimmung und Durchsetzung wirtschafts- und machtpolitischer Strategien. In diesem Jahr stehen die Aufteilung der Märkte in Osteuropa und der EG-Binnenmarkt im Vordergrund, nach wie vor werden aber auch Maßnahmen abgesprochen, die der Stabilisierung der HERRschaft der Industrienationen über die Länder der so genannten 3. Welt dienen. Diese HERRschaft baut auf rassistischen und sexistischen Grundlagen auf.

Wir sind der Ansicht, dass sich solche abstrakten ökonomischen Strukturen und Maßnahmen sehr konkret und in fataler Weise auf den Alltag von Frauen auswirken. So sind z.B. von den Massenentlassungen in Osteuropa zuerst Frauen betroffen, und während mit der Einführung des EG-Binnenmarktes eine Vereinheitlichung z.B. der Abtreibungsgesetzgebung einhergeht, wird es für Flüchtlinge aus anderen Ländern zunehmend schwierig, in die „Festung Europa“ zu gelangen. Innerhalb der BRD zeigt sich die Verknüpfung von rassistischer und sexistischer Politik besonders deutlich bei der Asylgesetzgebung:

Die Unterbringung in Sammellagern und die sog. „Schnellverfahren“ verschärfen die Bedingungen, unter denen Flüchtlinge in der BRD leben, und vermindern die Möglichkeit, anerkannt zu werden. Nach wie vor erhalten Flüchtlingsfrauen, die mit ihrem Mann und/oder Familie gekommen sind, kein eigenständiges Bleiberecht, nach wie vor wird sexistische Verfolgung nicht als eigener Asylgrund anerkannt. …

Gleichzeitig wird die Existenzsicherung für Frauen in der so genannten 3. Welt immer schwieriger. Eine neokolonialistische Wirtschaftspolitik, die von den Industrienationen und einheimischen Eliten durchgesetzt wird, hält diese Länder in Abhängigkeit und verschärft die Bedingungen der Überlebensproduktion. Die mittels IWF und Weltbank durchgeführten ökonomischen Programme und Strategien führen zu Hunger, Krieg und ökologischer Überausbeutung. Zunehmend sehen sich Frauen rassistischen bevölkerungspolitischen Maßnahmen ausgesetzt. Schwarze Frauen/Lesben aus Afrika, Asien und Lateinamerika werden mit Methoden wie der Zwangssterilisation und gesundheitsschädlichen Verhütungsmitteln daran gehindert, Kinder zu gebären.


Stadtratte 12 vom Februar 1993, 13.