Materialien 1993

Das Kreuz mit der Kirchensteuer

FUNK UHR
Leserbrief-Redaktion
Axel-Springer-Platz 1
2000 Hamburg 36

München, den 20. April 1993

FUNK UHR Nr. 16 vom 16. April 1993, Seite 16

„Das Kreuz mit der Kirchensteuer“

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Informationen bezüglich der Kirchensteuer als Vorbereitung für zwei Fernsehsendungen habe ich mit Interesse gelesen. Auf der Ausgabenseite der Kirchensteuer vermerken Sie die Bezahlung von Kindergärten, Krankenhäusern und Pflegeheimen durch die beiden großen Kirchen. Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Öffentlichkeit, unterstützt durch die Kirchen, glaubt, dass diese Sozialeinrichtungen tatsächlich von der Kirchensteuer bezahlt werden. Keine der beiden Kirchen hat leider ein gesteigertes Interesse daran, die tatsächliche Finanzierung solcher Einrichtungen offenzulegen. Richtig ist jedoch und jederzeit nachprüfbar, dass beispielsweise für kirchliche Kindergärten und Schulen ebenso wie für andere private Sozialeinrichtungen von Seiten des Staates immense Zuschüsse bezahlt werden. So erhalten kirchliche Träger, z.B. für Schulen, 90 Prozent ihrer Auslagen über Steuergelder erstattet. Im Vergleich dazu bekommen kommunale Schulträger nur bis zu 60 Prozent aus staatlichen Mitteln finanziert. Für den Bereich der Kindergärten erhalten die Kirchen im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips die gleichen Anteile wie alle anderen Wohlfahrtsverbände. Die Ausgaben für Bayern sind im Kultushaushalt nachzulesen.

Konfessionsgebundene Krankenhäuser werden, wie alle Krankenhäuser, über die Tagessätze der Krankenkassen abgerechnet. Sie tragen sich also, genau wie die Privatklinik oder wie jedes kommunale oder staatliche Krankenhaus, einzig und allein durch die von den Patienten bezahlten Krankenkassenbeiträge. Auch in diesem Fall spielt die Kirchensteuer keine Rolle. Ähnliches gilt für die Pflegeheime. Was Sie in Ihrem Artikel nicht angesprochen haben, zur Liste der staatlichen Unterstützung jedoch unbedingt dazu gehört, sind die vielen Klöster und andere kirchliche Einrichtungen in Bayern. Diese stehen den Kirchen mietfrei zur Verfügung. Für Sanierung und Instandhaltung kommt der Steuerzahler über den Staatshaushalt auf. Das gleiche gilt für einen großen Teil der Kirchen, bei denen im Sanierungsfalle auch nur ein kleiner Anteil durch die Kirchen finanziert werden muss.

Es gibt sicherlich eine ganze Reihe von Leistungen, die die Kirchen mit der einbehaltenen Kirchensteuer bezahlen. Die von Ihnen angesprochenen gehören jedoch ebensowenig dazu, wie z.B. die staatlich finanzierte Jugendarbeit.

Mit freundlichen Grüßen
Monica Lochner-Fischer
Mitglied im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen, Bayerischer Landtag


Freidenkerinfo. DFV Ortsgruppe München vom September – Dezember 1993, 3.

Überraschung

Jahr: 1993
Bereich: Religion

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