Materialien 2001

Zwischen Rechtlosigkeit, Angst und zarter Demokratie

Ich nenne Namen und Personen, ich verstecke mich nicht in der Anonymität. Das wäre nicht fair. Mein Name ist Dr. Bernhard Pallmann. Wenn ich lüge oder übertreibe, muss ich mich dafür ver-
antworten. Es sollten vielleicht aber auch diejenigen Rede und Antwort stehen und beim Namen genannt sein, nach deren Qualität hier gefragt wird und vor denen ich eine Riesen-Angst habe. Ich schreibe jetzt, nach über 6 Jahren, trotzdem über sie, die Ärzte und Pfleger im BKH Haar und Ihre „Zuträger“. Zu Beginn das Wichtigste:

Es gab und gibt im BKH Haar, das sich seit dem Jahr 2006 ja Bezirks-Klinikum München Ost nennt, um sich ein „besseres“ Image zu geben, menschlich und fachlich hervorragende Pfleger und Ärzte, die Außerordentliches leisten.

♦ Keiner von diesen hat jedoch in einer derart gigantischen Geld-Psychiatrie-Maschine mit rund 2000 Angestellten und vielen Abteilungen nach meinen Erfahrungen auf Dauer die Chance, ohne eine unglaubliche Abstumpfung der sog. „Inneren Emigration“ und Verrohung zu entgehen, wie sie mir von vielen Patienten berichtet wurde, die z.T. jahrzehntelang in unterschiedlichen Häusern des BKH Haar untergebracht waren und „therapiert“ wurden.

♦ Kein Eingelieferter oder Patient, sei er freiwillig, oder wie in meinem Fall, mit Polizeigewalt mehrfach dorthin verbracht, wird ohne ausdauernde starke soziale, moralische und rechtliche Unterstützung von außen die im BHK Haar praktizierten „Therapien“ ohne schwere psychische und organische Schäden überstehen – sei es durch die wahrhaft „fachkundige“ psychische und physische Gewalt der dort Beschäftigten, sei es durch die organischen Schäden – auch an Gehirn und Nervensystem – die eine oft jahrelange, weitgehend zwangsweise („wir wollen Ihnen doch nur helfen…“!) Verabreichung von Medikamenten in Dosen nach sich zieht, über die Fachkenner nur den Kopf schütteln können. Weil ich viele Jahre meines Berufslebens für und in der Pharmain-
dustrie und mit vielen Ärzten und Pharmazeuten eng zusammen gearbeitet habe, kann ich hier eine klare Position beziehen. Die Protagonisten dieser „Therapien“ am BKH Haar sind nach meiner persönlichen Erfahrung alles gefürchtete Leute, wenn man auch nur die leisesten Einwände gegen sie, gegen Dreck in den Toiletten oder Entlüftungsanlagen, gegen die Verwahrlosung mancher Patienten erhebt! Grausam gütig und freundlich, wenn man ihnen in den Arsch kriecht (Verzei-
hung).

♦ Ich kann daher nur jedem raten, der sich als Patient in dem vom Bezirk Oberbayern getragenen und finanzierten BKH, also einem staatlich (!) geführten und angeblich gut kontrollierten (!!) Klinikum, einmal einfindet, alles nur Mögliche in Bewegung zu setzen, um in einer anderen psy-
chiatrischen Einrichtung behandelt zu werden. Nur wenige sind leider besser, aber es gibt sie und gerade eine Internet-Plattform wie diese bietet ja die hervorragende Möglichkeit, Bewertungen abzugeben, zu vergleichen und sich eine eigene Meinung zu bilden.

Das BKH Haar ist für mich ein Ort, wo der Horror, wo Gesetzlosigkeit – wenn auch unter dem Deckmantel eines modernen Rechtsstaats – so alltäglich geworden sind, dass sich niemand mehr wirklich darüber empört. Mir schien es oft so, als hätten die eindeutig belegten, grauenhaften Methoden im BKH Haar bis heute in den Mauern, Herz und Köpfen der Verantwortlichen so tiefe Spuren hinterlassen, dass sie dort ein neues, modernes Betätigungsfeld finden mussten. „Überan-
passung und Ruhigstellen“, sind, so unendlich traurig oder katastrophal das klingen mag, im BKH Haar zum allseits akzeptierten, stillgeschwiegenen „Erfolgs-Modell“ geworden. Jede Kritik wird als „Bedrohung“, als Beleg für Depression oder Manie, Schizophrenie oder Psychose, für „psychische Störung und Krankheit“, ausgelegt – und hat wahrhaft unglaubliche Konsequenzen.

Nicht von ungefähr „genießt“ das BKH Haar in der seriösen Fachwelt und bei Juristen, die vielen der Patienten an die Seite gestellt sind, bis heute einen miserablen Ruf. Nur wenige Berichte über diese Zustände dringen nach außen. Warum? Die Angst steckt Dir ein Leben lang in den Gliedern. Ich selbst hatte das Glück, in meinem Studium am Max-Planck Institut für Psychiatrie/Neuroche-
mie in München, eine ganz, ganz andere, hervorragende Psychiatrie kennenlernen zu dürfen. Für bestimmte Unternehmen der Pharmaindustrie ist das BKH Haar natürlich eine wahre „Platingru-
be“, Stichwort Medikamentenverbrauch. Eine der offensichtlichen Folgen: ein nagelneuer BKH – VW Bus war übervoll mit Psycho-Pharmawerbung beklebt, als ich dort meine Zeit verbringen „durfte“, niemand fiel das auf, niemand sagte etwas dazu, es ist – ich nenne es beim Wort – kor-
rupte Normalität.

Wohl gemerkt, nicht als Verurteilter war ich dort, sondern „zur Beobachtung“ untergebracht, knapp 6 Monate vom November 2001 bis Mai 2002 und vorher, ab Anfang Juni 2000 immer wieder einige Nächte in verschiedenen Abteilungen. „Behandelt“ wurde ich wie ein hochpsycho-
tischer Killer, der nur noch nicht weiß, dass er eine Zeitbombe ist. Nebenbei: ich bin weder vor-
bestraft, noch kann ich mit Schlägerqualitäten aufwarten. Unser Weihnachtsstollen 2001 stammte übrigens, so ein kleines Etikett, das man wohl vergessen hatte, „mit besten Grüßen von …“, dann kam der Name einer bekannten Psycho-Pharmafirma aus der Schweiz. Medikamente wurden mir und anderen, gegen jedes Gesetz, zwangsweise und häufig in Überdosen verabreicht. Meine Rechtsanwälte (ich hatte wirklich gute von einer für derartige Fälle erfahrenen Kanzlei in Mün-
chen!) standen dieser Situation meist vollkommen recht- und hilflos gegenüber („gegen die Ärzte im BKH ist jeder Jurist oder Richter letztlich machtlos“).

Ich respektiere und lese gerne die wenigen, positiven Einzelberichte von Patienten über das BKH Haar, sie mögen wahrhaftig sein, ich kann sie jedoch nach meinen Erfahrungen und den vielen Er-
zählungen von Mituntergebrachten, darunter auch schwerst Gestörte, Schizophrene, Gewalttäter und wahrlich verrohte, arme Menschen und auch viele vollkommen unberechtigt Untergebrachte, nicht teilen. Angst regiert im BKH Haar überall – bei den „Guten“, bei Ärzten oder dem Pflegeper-
sonal, aber immens und immer bei uns, den Untergebrachten, den „Patienten“.

Nun zu den Daten und Fakten, die mich in diese Einrichtung brachten und die sämtlich akten-
kundig sind: Ich wurde in der Zeit von Juni 2000 bis Nov. 2001 mehrfach in das BKH Haar durch Beamte der Polizeiinspektion 43 in München u.a. in Handschellen verbracht. Mein letzter Aufent-
halt war vom 30. Nov. 2001 bis 15. Mai 2002 im Hochsicherheitstrakt der Forensik, also der Abtei-
lung für psychisch kranke Straftäter. Letztmals verhaftet wurde ich in meinem jetzigen Wohnort auf dem Land von einer Münchener Spezialeinheit, die mit 2 BMW überfallartig an einem sonni-
gen Tag, dem 30.11.2001, meine Partnerin und mich mit vorgehaltenen Maschinenpistolen und Elektroschockern wahrhaft wie eine Gang überfielen und aus unserem Auto zerrten. Keiner der Beamten war uniformiert. Nachbarn, die mich persönlich gut kannten und lautstark aus den Fen-
stern riefen, wurden durch „Zielen“ mit den Waffen der „Beamten“ und dem Hinweis: „Schließen Sie sofort das Fenster“ eingeschüchtert. Es folgte ein Horrortrip in das BKH Haar, an Beinen, Bauch und den Händen gefesselt. Dann eine Nacht mit einem Anti-Psychotikum, Neuroleptikum (Haldol, das akut schwersten Tremor und gefährliche Halluzinationen auslösen kann und nur nach strenger Indikationsstellung eingesetzt werden darf). Haldol gilt allerdings bis heute als „Mittel der Wahl“, wenn es verantwortungsvoll verabreicht und ein Patient entsprechend von einem erfahre-
nen Arzt aufgeklärt wird. Bei mir war das nicht der Fall. Ich war zwangsfixiert mit viel zu fest ange-
zurrten Leder-Fesseln, die ein lächelnder Pfleger im Haus 12 nochmals festzog, als ich ihn um Lockerung bat. Der Arzt stand daneben und zog die Spritze auf …, ich erkannte die Aufschrift auf der Ampulle. Diese Nacht war der blanke Horror. Ich kann bis heute kaum darüber sprechen. Noch Wochen danach waren meine Fuß- und Handgelenke eitrig entzündet, eine antiseptische Salbe und einen Wundverband habe ich mir von einer Pflegerin „erbettelt“. Am nächsten Morgen (es war Wo-
chenende) kam ein müder Richter. 5 Minuten Formalien. Auf meine blutigen Fuß- und Handgelen-
ke haben der Richter und sein Sekretär keinen Blick verschwendet. „Sie bleiben hier“. Ich war „untergebracht“! In der „Burg“, der gefürchteten Forensik im BKH Haar.

Angeblich würde ich, Dr. Bernhard Pallmann, Chemiker und selbständig, als seinerzeitiger Haus-
beirat einer Münchener Wohnanlage mit über 80 Wohneinheiten, an „Korruptions-Wahnvorstel-
lungen leiden“. Auch sei ich „gewalttätig“ (mein seinerzeitiger Hausmeister behauptete: „Dr. Pall-
mann hat mich 2 Sekunden gewürgt, als Chemiker könnte er auch Bomben herstellen u.a..“). Auch seien meine Korruptionsvorwürfe gegen die seinerzeitige Hausverwaltung und deren Hausbank, ganz klar „Psychosen, Depolarisierungen, klare Anzeichen einer Schizophrenie“. Dass die bauli-
chen Zustände in der mir anvertrauten Wohnanlage in München-Schwabing durch ein Fachgut-
achten als „katastrophal“ bezeichnet wurden und unsere Hausgeldkonten hinten- und vorne nicht korrekt abgerechnet waren, spielte da schon keine Rolle mehr. Denn vor allem meine Beschuldi-
gungen gegen die Ärzte des BKH Haar und mein Bericht an den Richter über die grauenvolle Nacht seien „klare Anzeichen einer Psychose“.

Nach mehrmaligen früheren Verhaftungen, Einweisungen in das BKH Haar für je 1 Tag und 1 Nacht, und der immer wieder darauf folgenden Freilassung durch wirklich gute und aufmerksame Richter/innen, war ich von den Zuständen in manchen Bereichen der Justiz, insbesondere im BKH Haar, derart entsetzt, dass ich vorher gegen Ärzte der BKH Haar, Strafanzeige gestellt hatte. Ich gebe zu, dass ich damals in manchen meiner Handlungen nicht besonnen war und auch bei meinen Recherchen manche Behördenvertreter provozierte, um an die rechtlich relevanten Informationen zu kommen. Aber: Ich war vor Empörung über den Umgang mit mir und anderen im BKH Haar tief getroffen, wollte das nicht einfach hinnehmen als beruflich „Psychiatrie-Erfahrener“, als Neu-
rochemiker, als ganz normaler Bürger eines Rechtsstaats. Aber, ich habe niemals jemand an Leib oder Leben bedroht, wie mir unterstellt wurde, geschweige denn tätlich angegriffen. So ein Typ bin ich nicht. Jedoch, Strafanzeigen gegen die Ärzte des BKH Haar?! Das hätte ich wohl nicht tun sol-
len …!

Es begann vor meiner letzten Einweisung in das BKH Haar eine – ich kann es nicht anders be-
zeichnen – monatelange, wahre Hetzjagd auf mich und meine mich unterstützende Partnerin und auch Freunde, einerseits durch die Ärzte des BKH Haar, das Gesundheitsamt, andererseits durch hochrangige Polizeibeamte und Rechtsanwälte der von mir wegen Bestechlichkeit / Korruption angezeigten bekannten Münchener Hausverwaltung. Letztere hätte, wie sich erst einige Monate später durch Akteneinsicht, Gespräche mit Justizbeamten und einem mir persönlich gut bekann-
ten Oberstaatsanwalt herausstellte, nicht nur Unterschlagungen begangen, sondern früher auch eine Reihe von Betonarbeiten und Bauten für den Bezirk Obb. im BKH Haar durchgeführt. Dies-
bezüglich wurde von der hiesigen Justiz übrigens nie ein Verfahren eröffnet, obwohl langwierige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bereits kurz vor einer Anklageerhebung standen („das liegt jetzt nicht im öffentlichen und schon gar nicht im augenblicklichen politischen Interesse"). Viel-
mehr sollte ich, dessen Delikte „eher aus einer Verärgerung heraus am unteren Rand der Krimi-
nalität anzusiedeln sind“, letztlich auf „Dauer“ in der Psychiatrie, dem „Maßregelvollzug“, unter-
gebracht werden. Laut Akteneintrag: Lebenslang.

In der Forensik, Haus 22 O, wurden ich und andere vielfach ohne jeden besonderen Anlass und immer ohne Richterbeschluss „abgespritzt“, zwangsfixiert. Ich selbst kam 7 mal in z.T. mehrtägige Isolierhaft, wurde einmal (Jan. 2002) von einem psychotischen Mitpatienten brutalst von hinten zusammengeschlagen, lag mehrere Tage mit einer schweren Hals-Schulterprellung und einem Bluterguss am Hinterkopf in meinem Bett, ohne dass sich der Stationsarzt (der „Hilflose“, wie wir ihn nannten) darum kümmerte. Meine Lesebrille wurde weggenommen („Sie lesen zuviel, es wird Sie beruhigen, wenn Sie ohne Brille sind“), Schreibpapier für Tagebuchaufzeichnungen musste ich mir häufig heimlich über Pfleger besorgen („Schreiben tut Ihnen nicht gut, Sie sind doch krank!“). Der Leitende „Arzt“ unserer Abteilung ordnete laut einem der Oberpfleger an, mich für mehrere Tage in die Isolierzelle (die „Iso“) zu bringen, weil ich einen 14-Tage lang ungewaschenen und nach Kot und Urin stinkenden, sehr verwirrten Mitbewohner meiner Zelle wusch, rasierte und neu ein-
kleidete („ … ein klarer manischer Schub …“) und vorher – ich meine, so müsste doch jeder „Ge-
sunde“ reagieren – schon etwas „lauter“ schimpfte. Im Klinikum Ost- Nein! Zwangsmedikation, niedergedrückt von 6 „Schwarzen Sheriffs“. Ich war nackt. Als die Injektion in mein Hinterteil ge-
spritzt wurde, war mir klar, was es heißt, vergewaltigt zu werden. Dies geschah nicht nur einmal. Diese Erniedrigungen werde ich niemals in meinem Leben vergessen…!

Ein BKH-„Arzt“ wollte noch bis knapp 2 Jahre nach meiner Freilassung eine Betreuung (Entmün-
digung) gegen mich beim Amtsgericht Starnberg erwirken. Die dortige Richterin hatte schließlich ein Einsehen und stellte das Verfahren ein, nachdem Sie meinen Fall genauer geprüft und mehr-
fach mit mir telefoniert hatte. In wessen Auftrag der „Arzt“ handelte, entzieht sich bis heute meiner Kenntnis. Mehrere meiner Tagebuchaufzeichnungen wurden bei Zellenkontrollen „mitgenom-
men“. Akten verschwanden unauffindbar. Meine Patientenakten habe ich – trotz korrekter recht-
licher Vorgehensweise – nie vom BKH Haar erhalten („… das sind nur subjektive Aufzeichnungen unserer Ärzte …, ach, wir finden Ihre Akten gerade nicht …“). So habe ich nie erfahren, welche Me-
dikamente ich einnehmen musste, was mir gespritzt wurde und weshalb, wer das angeordnet hatte und was über mich noch heute irgendwo im BKH Haar, bei der Justiz oder der Polizei gespeichert ist.

Das Leben rettete mir letztlich ein intensiver Sozialkontakt nach draußen, vor allem die Besuche meiner Partnerin, von Freunden, meinen Rechtsanwälten und deren Engagement, vor allem aber wohl mein gutes Verhältnis zu erfahrenen Leidensgenossen in der „Burg“, die mich mit vielen Überlebens-Tricks und Tipps versorgten und für die ich im Gegenzug Schriftsätze an Behörden formulierte oder sie rasierte und wusch (vor allem den MS-Kranken „Schorsch“ und einen alten Herrn, der 2 Jahre später herauskam, weil sein Nachbar auf dem Sterbebett widerrief, er hätte ihn tätlich „angegriffen“). Auch er wurde viele Monate „zwangsbehandelt“…Weshalb eigentlich?

Auch halfen mir einige wenige Pfleger, die mir Telefonate in die Außenwelt gestatteten – und dabei ihren Job riskierten ( „Wenn ein Arzt das mitkriegt, bin ich gefeuert. Aber Vorsicht, nur ab 20 Uhr telefonieren, Sie werden vielleicht abgehört..!“). Dazu kam ein für mich positives umfangreiches psychiatrisches Gutachten eines renommierten Psychiaters und Neurologen der Univ. München, der sich mir persönlich gegenüber ebenfalls mehrfach und äußerst kritisch bezügl. der Zustände des BKH Haar äußerte, was bei diesem bekannten Gutachter nun wirklich Gewicht hat. Ich kam dadurch und durch Beschluss des Oberlandesgerichts, des Richters und hochrangige Juristen als Beisitzer, am 15.5.2002 ohne jede Auflage frei und ging auf dringenden Rat von Richter Schlicht für mehrere Monate zu Freunden ins Ausland, weil „er Angst um mein Leben habe“. Ich verdanke dem Richter mein Leben, ein großartiger Mensch und Richter, der übrigens im BKH Haar einen gaaanz schlechten Ruf hatte („…ach ja, der, den lass mer hier nimmer rein..! Den mögen wir hier gar ned.“).

Es gab nach meiner Freilassung noch mehrere Hausdurchsuchungen bei mir und eindeutige Be-
drohungen durch Polizeibeamte aus München, beim „geringsten Anlass“ würden sie mich wieder in die Forensik nach Haar verbringen. Diesmal für immer. Noch wenige Tage vor „meinem Frei-Tag“, dem 15. Mai 2002 wurde mir unterstellt, ich hätte zusammen mit 2 Mitpatienten geplant, zu entfliehen, hätte mir ein Messer besorgt, um den Stationsarzt zu kidnappen und die Öffnung des Hochsicherheitstrakts zu erpressen. Ich wurde einen vollen Tag („ohne Rechtsanwalt bitte, gell!, das könnte Ihnen jetzt sehr schaden..“ ) in Handschellen im Polizeipräsidium München, Ettstraße, Abt. Mordkommission, von 3 sehr „freundlichen“ Verhörexperten unter Druck gesetzt, die „Tat“ zuzugeben. Ich sei doch schwerstkrank, habe die Tat schlichtweg krankheitsbedingt verdrängt, vergessen. Man habe meine DNA-Spuren eindeutig auf einem Essmesser identifiziert. Es gäbe schriftliche Zeugenaussagen von Patienten. Nichts daran entsprach der Wahrheit. Inszeniert von staatlich, mit Steuergeldern bezahlten „Ärzten“ und Ihren Helfern. So macht man Menschen ele-
gant mit Brutalmethoden Angst, macht sie fast oder tatsächlich irrsinnig. Ich hatte damals für einige Augenblicke die Furcht, beim Gang zur Toilette von einem der Beamten „auf der Flucht“ erschossen zu werden. Ich habe ein Protokoll unterschrieben, das unter Androhung von „lebens-
länglich“ zustande kam. Kurz nach dem Rücktransport in die „Burg“ kam ich wieder in die „Iso“, 4 Tage. Sie wollten mich noch einmal richtig „weichkochen“, damit ich ausflippe, sagte mir ein Pfle-
ger. Hat nicht geklappt. Aber aus Angst habe ich bis heute geschwiegen. Doch heute musste es ein-
mal hinaus, als ich zufällig auf diese Internet-Seite traf. Die Zeit ist reif.

Meine Ehe zerbrach, ich verlor viel Geld. Aber ich habe überlebt – und ich fühle mich nicht als Op-
fer, sondern durfte Vieles lernen, auch aus meinen eigenen Fehlern. Vor allem, dass eine Demokra-
tie und ein funktionierendes Rechtssystem Engagement erfordert, gerade dort, wo wird sie am ehesten untergehen kann: in den rechtsfreien ärztlichen Räumen der Psychiatrie, in Pflegeheimen, Krankenhäusern. Ganz leise und langsam, wie viele, die nicht in die „Psycho“ gehören, Alte, Ver-
einsamte, die ein bisschen Geld haben, auf das andere scharf sind, Ausgebrannte, Demente, Men-
schen von Irgendwo, Entwurzelte, Kriegsflüchtlinge. Menschen wie Sie, der Sie das lesen, wie ich, der ich „drin“ war, im Kuckucksnest..!

Ich halte allerdings bis jetzt, Sommer 2008, Kontakt zu einigen Patienten im BKH Haar, versuche ihnen ganz diskret zu helfen. Frage nach den Therapien, welcher Arzt oder Pfleger ok ist, wer ein Sadist blieb oder wurde, wer wegen „burn-out“ frühpensioniert wurde. Wer gestorben ist, wer sich umgebracht hat, ohne dass dies jemals an die Öffentlichkeit dringt. Da kenne ich einige. Es ist schwer bei der Dumpf- und Trägheit des BKH Haar. Aber es lohnt sich für das, was ich über einen Rechtsstaat und seine Prinzipien gelernt habe. Und über Macht, über Mächtige, mit denen ich mich – reichlich naiv damals – angelegt habe und die sich das nicht gefallen ließen. Da habe ich wirklich gelernt. Vielleicht ist mein Bericht ein winziger Schritt zu mehr Recht und Demokratie bei uns, hier mitten in Europa, Deutschland.

Ich könnte Ihnen viele Geschichten erzählen von Patienten, die als Psycho-Marionetten dort im BKH Haar vegetieren. Rechtlos, geldlos, entmündigt, therapielos, dumpf, grauenhaft, für uns, die wir hier draußen sein dürfen. Und von Ärzten und Pflegern, die an dem zerbrachen, was ich hier zu schildern versucht habe. Natürlich gibt es Patienten, denen im BKH Haar wirklich geholfen wurde. Leider lese ich kaum etwas darüber im Internet. Nehmt diese Chance doch wahr! Schreibt darüber! Nur Offenheit und Authentisches hilft denen, die auf der Suche nach geeigneten Einrichtungen sind!

Persönlich und innerlich habe ich durch eine jahrelange Ent-Taumatisierung unter fachkundiger Anleitung mit den Quälgeistern meinen besonderen Frieden geschlossen und hoffe, dass auch sie mich in der Zukunft in Ruhe lassen. Manche sind längst in Pension. Manche arbeiten noch dort im BKH Haar. Aber ich bin mir des Risikos durchaus bewusst, wenn mein Bericht in „falsche Hände“ gerät. Was soll’s. Ich werde bald 60. Habe ein wunderbares, aufregendes Leben gehabt. Und viel-
leicht darf ich es noch einige Jahre genießen. Vielleicht schütz mich auch das Internet, die Veröf-
fentlichung? Ja, ich bin davon überzeugt, richtig zu handeln. Dann habe ich gelernt, wie man als „psychisch“ Abgestempelter wieder neu beginnen kann. Leicht ist das nicht, aber vor einem aufge-
regten, jungen Polizisten, der von irgendjemandem gesagt bekommen hat, ich wäre ein gefährli-
cher Irrer, habe ich keine Angst. Angst habe ich, und sie wird mich nicht verlassen, vor jener Ver-
steinerung im Herzen von Menschen, die den Arztberuf ausüben, den verantwortungsvollsten Be-
ruf, den es gibt. Frau oder Mann über Leben und Tod. Da muss man die Kritik vom Pallmann schon aushalten können, oder?

Ach ja: Was war gut in Haar? Das Essen. Wirklich. 1. Sahne! Ich habe dort einige Kilos (ungewollt) zugenommen! Was noch? Da war unser junger Beschäftigungstherapeut sehr ok und freundlich. Ich erschrak, wie wenig er bezahlt bekam. Auch der eine Psychologe war ein freundlicher Mann. Ich war halt, wie alle, eine kranke Person für ihn. Unheilbar. Doch als er mir mein Entlassungs-
urteil überbrachte, war er plötzlich ganz anders, drückte mir die Hand, wollte sich einmal „drau-
ßen“ mit mir privat treffen und entschuldigte sich so auf seine Weise: ich durfte mich von allen Mituntergebrachten persönlich verabschieden. Manche weinten, einer sagte: „Ja, dich wollten sie hier doch für immer behalten …! Wie hast du das nur geschafft?“ Dann der Humor! Kleine Bege-
benheiten, wenn die Raucherzimmer so verqualmt sind, dass man eine akute Nikotinvergiftung bekommt, in einem Krankenhaus!!! – Niemand kümmert sich darum, und ein Pfleger kommt he-
rein und sagt mit freundlicher Stimme: Ihre Medikamente! Therapie mit Nikotin und Krebserre-
gern hochdosiert für alle und gleichzeitig sündhaft teure Psychos – gleichzeitig vor dir, da im Glas, dort in der Lulle. Wer da nicht wahnsinnig wird, braucht viel Humor.

Wie gesagt: Es gibt hervorragende Ärzte, Pfleger, Polizisten, Mitarbeiter am und im BKH Haar. Das Essen war immer gut. Aber empfehlen kann ich diese Einrichtung nur für – zynisch ausge-
drückt – wirklich Schwerstgestörte – auf beiden Seiten..! Als Therapieeinrichtung halte ich das BKH Haar für eine Art Guantanamo, ärztlich betreut. Du wirst nicht umgebracht, aber trotzdem zur Leiche, gut genährt, brav, am Leben, aber halt als Fast-Zombie. Fragen Sie mal, wie viele von den Patienten am BKH Haar als „geheilt“ entlassen werden. Erfolgsraten? Objektiv und in einer wissenschaftlich anerkannten Fachzeitschrift publiziert? Fehlanzeige! Ich antworte Ihnen darauf mit dem berühmten Arzt-Witz: „Ach wissen Sie, es gibt keine Gesunden, sondern nur Menschen, die noch nicht richtig von mir diagnostiziert wurden…“

Und jetzt bin ich gespannt, ob und welche Reaktionen auf meinen Kommentar kommen. Ob ich wieder untergebracht werde? Ob wieder irgendein Arzt vom BKH Haar meint, ich sei „gefährlich“ für Sie, für Sie oder Sie? Für das neue „Qualitätsmanagement“ des BKH Haar? Einen Polizisten, der meint, seinem Chef einen Gefallen zu tun, wenn er mich hier auf dem Land anhält, mich aussteigen lässt und nach Waffen abtastet? Kenne ich alles. Wegsperren mag für psychotische Schlächter, Kinderschänder und was es sonst noch alles an menschlichen Verirrungen gibt, seine Berechtigung haben. Ja, es gibt natürlich durchaus viele Menschen, denen in der Psychiatrie und durch Medikamente hervorragend geholfen wird. Engagiert. Fachlich und menschlich kompetent. International anerkannt. Verzeihen Sie, am BKH Haar habe ich von dieser Art Ärzten leider keinen getroffen. Aber das kann sich ja ändern, oder?

Ob sich irgendjemand empört? Zweimal nachfragt, genauer hinschaut, ob die so hehren Leitsätze des BKH Haar auch wirklich in die Praxis umgesetzt werden (www.iak-kmo.de/index.html)? We-
nigstens nur ein bisschen? Dann hat diese Geschichte schon ihren Sinn gehabt. Ein Richter hat mir einmal gesagt: „Demokratie? Gerade in der Psychiatrie? Was Sie mir da erzählt haben und was ich täglich auf meinen Schreibtisch bekomme – darauf gibt es nur eine Antwort: Wir sind allenfalls auf dem Weg dazu.“ Immerhin.

3. Juli 2008
Dr. Bernhard Pallmann


www.klinikbewertungen.de/klinik-forum/erfahrung-mit-krankenhaus-haar.

Überraschung

Jahr: 2001
Bereich: Psychiatrie

Referenzen