Materialien 2002
„Geliebt, verfolgt & unvergessen“
Der RIEFENSTAHL-GEBURTSTAGSREPORT zum 23. August 2002 im „FÜHRERBAU“/München
(Fakten, Bilder, Hintergründe)
Ein kleiner Geniestreich sollte und musste es werden, und wie zwei tapfere Schneiderlein gedachten wir, soviel Fliegen als nur möglich mit einem Streich unter die Klatsche zu bekommen.
100 Jahre Leni RIEFENSTAHL, dieses einmalige Ereignis wäre schon Anlass genug gewesen, eine Feier im geschlossenen Rahmen so auszurichten, dass die Erinnerung an diesen Abend unvergesslich würde. Vor allem also stand unsere Verehrung Leni RIEFENSTAHLS. Sie, in unserem Rahmen, unter Ausschöpfung letzter Mittel und Reserven, zu würdigen, war das eine, das höhere Ziel.
Lasst mich von vorn beginnen.
Nachdem VON THRONSTAHL also dem SIGNAL-PRESSEFEST ihre Absage erteilten, weil zum einen unsere Besetzung nicht mehr standhaft war, und die Organisatoren sich auf ihre Weise einfach zu stark disqualifizierten, so dass das bevorstehende Fiasko schon absehbar wurde, einigten wir uns intern darauf, die Auftrittshürden künftig so hoch zu legen, dass unsere Vorbereitungen zu einem Konzert nie wieder umsonst sein sollten, und dass wir nirgends mehr in Stellung gehn, wo ein Veranstalter nicht von vornherein den Eindruck erweckt, jedwede Eventualität im Griff zu haben. Die Blauäugigkeit, mit welcher, in künstlerisch so unfreien Zeiten, noch waghalsige Konzerte geplant, angekündigt und dann doch nicht durchgeführt werden, verlangt, neben viel Frechheit und Strategie, vor allem nach Phantasie. Zum Anlass des RIEFENSTAHL-Geburtstages galt es, uns aufzuzeigen, wie sehr das Unmögliche möglich wird, und wie sehr man auf gehobenem Niveau das Bestmöglichste daraus machen kann. Zwei Jahre schon war es her, dass wir in Leipzig die Ordnungswacht, Verfassungsschutz, Kriminalpolizei und sogar MAD mit ein paar Schachzügen ausgetrickst hatten – diesmal sollten sowohl die Ungläubigen als auch die Unfähigen aus den vermeintlich eigenen Reihen ihre Lektion mitbekommen. Kurz nach der Ankündigung des Konzertvorhabens rührten sich Stimmen im Internet, welche die Meinung vertraten, dass das wohl nichts werden könne, und dass wir von einem Untergang in die nächste Katastrophe gingen.
Es ist theoretisch nicht möglich, dass VON THRONSTAHL einfach ungehindert irgendwo auftreten, es ist noch unmöglicher, wenn der VAWS als Veranstalter in Kraft tritt (und er hat mit Kraft getreten). Es ist aber völlig unmöglich, dass der VAWS als Veranstalter mit VON THRONSTAHL und THE DAYS OF THE TRUMPET CALL ein Konzert in der Münchner Musikhochschule veranstaltet, inmitten eines Gebäudes, das zufällig auch noch als der „FÜHRERBAU“ gilt und gerne als historisch sehr belastet betrachtet wird.
„DAS DARF ES NIE WIEDER GEBEN“, vermeldete Hochschuldirektor HELMSCHROTT am 28.8. in der „SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG“ .
„Das wird es die nächsten 50 Jahre auch nicht mehr geben“, sage ich, weil es einfach einmalig war, einzigartig sozusagen.
Als Werner SYMANEK und ich uns darüber einig waren, das Unmögliche möglich zu machen, bestand Werner unbedingt und berechtigt darauf, dass wir ganz offen mit unseren Namen operieren sollten. Wenn schon, denn schon, und die Tatsache, dass unser beider Namen in jedem Verfassungsschutzbericht prangen, machte uns das Unternehmen nicht leichter. Aber eine gewisse Art von Frechheit hat durchaus Aussichten auf Sieg. Nachdem man mich aber bezüglich der Formalitäten vor Ort fragte, ob mein Name mit „b“ oder „p“ am Ende geschrieben würde, entschied ich mich spontan, es einmal mit „p“ zu versuchen.
Weil wir uns, trotz rosiger Aussichten, einfach nicht vorstellen konnten, dass wir diesen Coup wirklich würden landen können, und wir beinahe schon von der alles überblickenden Macht des VS überzeugt waren, mieteten wir auf höchst konspirative, aber ehrliche Weise eine zweite Lokalität an. Ich entwarf den „Plan B“ und kopierte 200 Flugblätter mit entsprechenden Instruktionen, welche dann im Falle des Falles zur Verteilung kämen. Zusätzlich verpflichteten wir einen Anwalt, der uns mit Rat und Tat zur Seite stehen würde, für den Fall, dass am Hauptveranstaltungsort doch noch jemand ein Veto anmelden würde, und weil uns das immer noch nicht genug an Sicherheiten erschien, fanden wir eine dritte Lokalität, schlossen eine mündliche Vereinbarung, die besagte, dass, wenn wir spontan anrufen würden, die Räumlichkeiten innerhalb einer Stunde bezugsfertig würden. 200 weitere Flugblätter gingen in Kopie unter „Plan C“. Dadurch, dass der VAWS die Veranstaltung in seinen Anschreiben und der Netzseite für im Raum STARNBERG stattfindend deklarierte, hofften wir, die überschüssigen Kräfte irgendwelcher Antikörper, Freizeit- oder Berufsjäger auf glattes Gefilde zu führen. Weil nur noch 400,- EURO für das kalte Buffet und kaum mehr als 150,- EURO für den Sektempfang übrig waren, fragte ich beim REEMTSMA-Konzern an, ob man unsere geschlossene Gesellschaft nicht mit ein paar Werberationen an feineren Rauchartikeln sponsern wollte. Gefragt, getan. Kurz darauf standen 200 Promorationen feiner Rauchwaren zur Abholung bereit.
Zwischenzeitlich spaltete sich die Schreiberzunft hierzulande schon in Pro und Contra RIEFENSTAHL. Viele Schreibwütige, die ihr Bein hoben, um zum 100. EHRENTAG ein wenig Mißstimmung zu verbreiten, können sich am Ende nur selber angepisst haben. Die Auslandspresse war voll des Lobes und der Ehrungen, manch mutiger Bericht erschien auch hierzulande, und andere versuchten, sich zweischneidige Worte abzuringen. Wie dem auch sei, die Versuche, die Macht des riefenstahlschen Bildwerks durch Worte zu bannen, bleiben Vergeblichkeiten – der Sockel steht unerschütterlich auf solidem Grund, wer daran zu rütteln versucht, kann nur noch lächerlich wirken, hilflos. Die mutigen Worte in Richtung Ewigkeit aber schmückten sich zu einem verdienten Lobpreis an das Schöne an sich.
Sowohl Modenschau als auch die angekündigte Skulpturschau wurden, aufgrund höherer oder niederer Gewältchen, leider hinfällig.
Den musikalischen Rahmen eröffneten LADY MORPHIA aus England spontan und nur in Zweierbesetzung. Ihr EUROPÄISCHER NEOFOLK ließ uns, aus dem „FÜHRERBAU“ hinaus, auch gleich eine freundschaftliche Brücke ins Königinnen-Reich England schlagen. Sehr angenehme Grenzgänger und sehr willkommene Akteure. Auch die LAUDATIO eines sehr belesenen Münchner Freundes wußte zu gefallen, sowohl in der Tiefe der Worte, als auch in Erscheinung unseres Laudators. BELBORN schließlich fiel es zu, sein LIVE-Debüt in Ein-Mann-Besetzung nur mit Gesang und Stahlsaitengitarre zu bestreiten – sehr überzeugend, Musik und Text durchaus unter die Haut gehend, eine vortreffliche, akustische Beschwörung des Geheimen Europa auch, und im Rahmen des Anlasses natürlich immer auch eine Ode an Leni RIEFENSTAHL. GLORIA GRAY erschien ganz und gar als DIVA der 30er und 40er Jahre. Nachdem sie in einem VILSMEIER-Film ja schon MARLENE höchstselbst verkörpern durfte, bereitete es ihr auch kein Problem, in die Rolle LALE ANDERSENS zu schlüpfen, um prächtig schlüpfrig, aber stolz, „LILI MARLEN“ zum Besten zu geben. Routiniert und sehr professionell ging die Darbietung über die Bühne und zauberte ein wenig mehr nostalgisches Flair in die Räumlichkeiten, die wie geschaffen schienen für derlei musikalische Untermalung.
Dann endlich freute ich mich herzlichst, meinen alten Mitstreiter RAYMOND P. auf dieser sehr deutschen Bühne begrüßen zu dürfen. Das war mir dann schon eine Genugtuung für sich, ihn mit THE DAYS OF THE TRUMPET CALL in Szene gesetzt zu sehen. Sämtliche, übers Jahr geplante Konzerte von TRUMPET CALL wurden ja von den gutesten Menschen, die es je auf Gottes Erdenrund gab, auf eine so humanistische Weise vereitelt. Ihn hier im „FÜHRERBAU“ die Trommeln rühren zu sehen und zu hören, das tat so gut. Erinnerungen stiegen in mir empor, wie ein Kontrastprogramm aus der Zeit, als wir beide noch unter der schwarz-weiß-roten Fahne des CIRCLE OF SIG TIU fahrend, sowohl Veranstaltungsorte, als auch das Publikum erschütterten – damals noch mit den Akkordfolgen des ROCK´N´ROLL und des PUNK, wir beide immer bis zum Exzess. Raymond glaubte damals immer, sein letztes Konzert zu geben, und das Zerstören seiner Gitarre in viele Einzelteile war immer wieder ein sehr eigener Ritus. Heute, in gutem Zwirn und Krawatte, zugeknöpft und in Guss eines neuen Menschen, mit Notbesetzung auf der Bühne wirkend schöpfte er, trotz Klassizistik und wagnerianischem Pathos, doch immer noch aus wilden Energien, die hier nicht frei tobten, sondern in Form gebracht, einen höheren Anspruch proklamierten. Die Darbietung war in sich geschlossen, das Zusammenspiel, trotz mangelnder Probemöglichkeiten, harmonisch. Auch unser aller Operndiva (ich halte Deinen Namen lieber mal dezent zurück) wusste zu glänzen, ohne das Material gemeinsam geprobt zu haben. Für all die vereitelten Auftritte hatten THE DAYS OF THE TRUMPET CALL ihre TRUMPFKARTE wie ein Veto gegen jedweden humanistischen Totalitarismus ins Spiel der ungleichen Kräfte geworfen.
Bevor dann VON THRONSTAHL mit mir in Stellung gingen, musste ich die Techniker bitten, mir noch etwas aufbauendes Liedgut mit auf die Reise zu geben – Liedgut, das in den Rahmen passte und mir Freude bereitete auf den Auftritt. „Schöner Gigolo, armer Gigolo“, „Jawohl, meine Herrn“, und zur totalen Anheizung meines faschistoiden Temperaments eine italienische Ode an den DUCE „Giovani Facisti“ und „LA LUPTA MUNCITORI“ der rumänischen EISERNEN GARDE. Ich möchte mal schwer davon ausgehen, dass nach 47-jähriger Abstinenz meine SS- Stiefel als erste wieder die klassizistische Bausubstanz betraten – nicht in politischer Mission und auch gar nicht im Sinne einer Wiederbetätigung, sondern a) weil keine Demokratie heute besseres Schuh- und Stiefelwerk zu bieten hat, b) weil ich meine Stiefel als Kunst am Bau verstand, bzw. als Kunst am „FÜHRERBAU“, c) weil meine Stiefel neben dem Marmor, den ich an diesem Abend betreten durfte, auch immer über die Spießermoral des linken Establishments mit marschierten, d) weil es nur drei Schritte für meine SS-Stiefel waren, um, von der Bühne aus, die KUNST über die Moral zu erheben. Ich weiß ja, es gibt in meinem Umfeld so viele gute Stimmen, welche auch von mir das Ende solcher Art von Vergangenheitsbewältigung oder Rückgriffen fordern – versteh ich ja auch alles, und heiße ich auf meine Weise auch gut, aber wenn sie doch einfach mal umwerfend gut aussehn, meine Stiefelchen, dann muss man mich so stehen lassen, ich komm dann später irgendwann nach und hoffe mal, dass es auch dem „GEHEIMEN DEUTSCHLAND“ oder dem „SECRET EUROPE“ nicht an geeignetem Schuhwerk und imperialer Garderobe fehlt.
Wie dem auch sei, auch THRONSTAHL spielten, die TRUMPFKARTE im Ärmel und RIEFENSTAHL- Filmsequenzen im Rücken, die alte Weise vom ewigen KAMPF UM DIE SONNE. Gleichzeitig war es mein Bass-Debüt. Ich muss jetzt, zur teilweise langatmigen THRONSTAHL-Musik, nicht mehr verlegen rumstehen, wenn es mal über Strecken nichts zu röcheln, zu flüstern oder zu propagieren gibt und kann mich an meinem Bass festhalten oder ihn sogar spielen. Kay an der Gitarre sorgte in jeder Hinsicht für solide Rückenstärke, Karin hatte stark mit technischen Ausfällen ihres Mikrophons zu kämpfen, bot aber ein gutes Bild, und Fräulein M. hatte in ihren Gesangssätzen, wie ich, mit der Akustik zu kämpfen, so dass wir unsere stimmlichen Einsätze im Blindflug absolvierten, was nicht immer vortrefflich war.
Schlimmer als unsere teilweise „entartete“ Musik empfand ich jedoch die Tatsache, dass ich in der ganzen Organisationshektik vergessen hatte, die weit angereisten SPATENTRÄGER in Stellung zu bringen – unverzeihlich. Dafür hätte mich der „FÜHRER“ zur „Dunklen Zeit“ sicher in den BAU stecken lassen, und ich bezweifle stark, dass unsere Musik im „SCHWARZEN CORPS“ positiv rezensiert worden wäre. So richtig unangenehm an meinem eigenen Auftreten empfand ich selbstreflektierend den Umstand, dass ich in eben jener Organisationshektik sogar vergessen hatte, meine Hemden zu wechseln – so trug ich, statt meines Militärhemdes, ein zivil-schwarzes Hemd. Schauerliche Geschichte. Kommt nicht mehr vor. „Nie wieder“, „Entsetzlich“, „Unglaublich peinlich“, „Eine Katastrophe“, „Das darf es nie mehr geben“.
Das wird künftig nur ein Aufstand der Anständigen verhindern können. Und wenn wir alle ein wenig mehr zusammenrücken und gemeinsam fest beisammen stehn, dann werden wir alle ein großes Auge darauf haben, dass ich nie wieder vergesse, ohne mein schwarzes Militärhemd auf die Bühne zu gehen. Und wo wir schon gerade mal auf der Terrasse des entrüstet Seins uns befinden, öffnen wir auch gleich die lustige Puppenkiste der öffentlichen Meinung und des unfreiwilligen Humors. Dass auf unsere Saat eine reiche Ernte folgen würde, stand außer Frage. Der Aufstand aller Anständigen, die meinten, ihr Stimmlein erheben zu dürfen oder zu müssen, grub uns Lachfalten in die Gesichter – so lustig kann neue Kriegsführung sein. Man muss keine Wolkenkratzer zum Einsturz bringen, um das „schlechte Gewissen der Nation“ als Komödie heraufzubeschwören. Was an den Betroffenheitskomödianten dann doch noch übermenschlich wirkt, das ist ihr göttlicher, unfreiwilliger Humor, der aus jeder Pore ihrer menschlichen Verbissenheit schreit. „Göttliche Komödien“
Als eine ganz Eifrige gab sich die unrasante „SZ“ – Reporterin Doris NÄGER schon vor Drucklegung ihres Artikelchens zu erkennen. Von höherer Stelle darauf hingewiesen, dass Doris an einer Geschichte bastele, bot ich ihr an, mit mir einen Kaffee trinken zu gehn und ihr Rede und Antwort zu stehen. Ich eröffnete ihr, entscheiden zu können zwischen den Informationen aus zweiter und dritter – 30ster Hand, bloßen Vermutungen und ihrer Konstruktionsfähigkeit, auch aus Teil- und Unwahrheiten noch einen glaubwürdigen Eindruck zu zimmern, oder aber, sich aus erster Hand zu bedienen, Fakten, Bilder, Einblicke zur Kenntnis nehmend, ihr Weltbild ein wenig schwanken sehend, wahrheitsgemäß zu berichten. Doris schien irritiert, hatte ihr Schlagzeilchen von den „NEONAZIS IM FÜHRERBAU“ ja schon längst im BRUTKASTEN der „SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG“ zum lokalen Aufmacher erkoren und, wie das bei toleranten Widerstandsleistern nach ’45 so ist, „kann nicht sein, was nicht sein darf“. Doris blieb steif und unbeweglich, ihr ernsthafter Journalismus reicht in etwa so weit, wie die Reichweiten ihrer Recherchierfreudigkeit – was über den Schreibtisch, das Telefon oder den PC hinausreicht, kann einfach nicht wahr sein. Ich mimte den Hellseher und meinte, dass mein Eindruck, den ich von ihr als Journalistin habe, mir stark den Eindruck erweckt, dass die kommende Schlagzeile lauten müsse: „NEONAZIS FEIERN RIEFENSTAHL-PARTY IN MUSIKHOCHSCHULE“. Sie sind alle so kleinlich, so kariert in ihrer Mustermenschlichkeit und so berechenbar – man kann wirklich mit ihnen rechnen. Diese Sorte Mensch ist so ungenial, und würde man sich die traurige Mühe machen, so jemandes Alltag von früh bis spät einmal aufzuzeichnen mit den kleineren Hochs und Tiefs, die ihre Erbärmlichkeit noch rausrückt, man könnte ihr bisheriges Leben bis zur Ankunft im Kreißsaal locker nachzeichnen und den übrigen Verlauf ihrer Anwesenheit bis zum Rückzug in höhere Gefilde mit ein paar undramatischen Kurven vorausberechnen. Aber, sie haben das WORT und das macht ihre Präsenz ja so komisch.
Nicht einmal PHANTASIE ist für ihre Arbeit wirklich vonnöten, man hätte die beiden Telefonate, die ich mit Doris führte, aufzeichnen und vervielfältigt unters Volk bringen müssen. Sie war nicht imstande, auf meine gewitzten Unverschämtheiten auch nur ansatzweise originell zu kontern. UNHEIMLICH LUSTIG erschien mir auch die „unbegreiflich peinliche“ Cordula ZICKGRAF, deren Leserbrief vom 3. September mir wie ein Unikat aus einem Museum der widerständischen Peinlichkeit erscheint. Das hat Klasse, ihr Leserbrief reiht sich ein in die Dokumentation einer VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNGS-IDIOTIE, die immer mehr die skurrile Form eines fragwürdigen Denkmals der Moderne an sich annimmt.
Dass die GRÜNEN einen Untersuchungsausschuss zur Sache fordern, begrüße ich. Ich hab auch ausgiebig mit den Leuten telefoniert, um sie darin zu bestärken, in der Sache unbedingt am Ball zu bleiben und dem NS-Spuk standhaft entgegen zu wirken. So eine Nazi-Party – das darf es nie nie wieder geben.
Im Interview mit dem Sprecher des Polizeipräsidiums überrascht Doris mit Forderungen, die gar nicht mehr freiheitlich und kaum noch demokratisch auf mich wirken. Peter REICHL, der Sprecher, scheint die „Alte“ dann erst einmal auf den Teppich der Verfassung und der Möglichkeiten überhaupt heruntergeholt zu haben. Durch die Hintertür ihrer menschlichen Fragestellung winkt immer auch ein wenig mittelalterliche Willkür und jener Pesthauch von Totalitarismus, den diese Menschen wie ihren eigensten Mundgeruch selber nicht mehr wahrnehmen, der aber trotzdem stinkt.
Und mir nichts, dir nichts stellt ein Internet- Gespenst die Weltoffenheit Münchens in Frage, fordert ein ANSTÄNDIGER BÜRGER einen AUFSTAND DER ANSTÄNDIGEN, schreibt einer, der sich als besorgter Bürger betitelt, sein „UNGEHEUERLICH“ ins Netz, ein BREGOLOWSKI schreibt „FUCK“, und das soll dann womöglich unsere nächste OPERATION verhindern oder uns vielleicht zum Nachdenken oder zur Aufgabe nötigen.
„UNGEHEUERLICH“, „FUCK“, „EIN AUFSTAND DER ANSTÄNDIGEN MUß HER“ Das müssten sie dann sein, die Worte, die uns erzittern lassen, die uns zur Einsicht zwingen, so dass ich vielleicht einmal sagen könnte: „Dies waren die Worte, die mir so unter die Haut gingen, dass ich mir sagte, ‚Josef, stop, die Leute, sie haben recht, sie haben so verdammt recht’.“
„Es ist ein Skandal, dass wir von diesen Interessen benutzt werden.“, sagt der Rektor der Musikhochschule HELMSCHROTT. Und recht hat er, es ist ein Skandal – uns war es eine helle Freude.
Wenn wir als das vermeintlich „Böse“ im Land mit schwärzester Farbe gemalt werden, muss das „Gute“ im Land entsprechend blass aussehen – und das tun sie, weiß Gott. Ach, wären doch unsere schwarzafrikanischen Freunde mit vor Ort gewesen und hätten der Veranstaltung den riefenstählernen NUBA-Touch gegeben. Zwar hätte die Presse diese zu Alibi-Schwarzen degradiert, weil ein menschlich korrektes Ansinnen unsererseits ja nicht ins Konzept passt, aber PRINCE DIBA (BLACK PULSE EXPERIENCE) weilte zu der Zeit in Italien und ließ uns Grüße bestellen, während der PRINCE VON BURUNDI vorerst als „unbekannt verzogen“ gilt. Diplomatische Vertreter aus dem Sudan hätten wir von Berlin aus bestellen müssen, und die in München ansässigen Honorarkonsulate verschiedener schwarzafrikanischer Staaten teilten uns mit, dass ihre Vertreter auf Reisen seien. Am Donnerstag, den 22. August ergab sich noch die Möglichkeit, eine afrikanische Rhythmussektion aus dem Kongo ins Programm zu nehmen, was aber am Budget scheiterte – alle Mittel waren bereits ausgeschöpft.
Letztendlich bleibt mitzuteilen, dass niemand unserer Negativkritiker selbst vor Ort mit uns war, und dass man den Eindruck gewinnt, sich aus nebelhaftem Quell bedient zu haben. Die „SZ“ legte vor, und alles zog, auf diese bauend, schnell mal mit, weil man ja seriös ist, saubere Arbeit leistet und uns gegenüber sowieso den Stein im Brett und selbiges vor dem Kopf hat, indem man sich als „gut“ erkennt. Auch die Zahl von nur 100 Besuchern entspricht nicht der Realität. Insgesamt verzeichnete unsere Bestandsliste 165 Personen, quer durch alle Schichten und Zugehörigkeiten.
Jetzt sollte aber wirklich der Aufstand der ganz Anständigen her und uns den Garaus machen, total human, versteht sich.
Leni aber bleibt über ihren 100. Geburtstag hinaus die Größte.
jk September ’02
Gemäß dem Motto „DENN SIE WUßTEN NICHT WAS SIE TUN“ waren freundliche Hände im Dienst der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG so freundlich, uns ein Kontingent dieser triumphalen Plakate in DIN A3-Format zu hinterlassen. Wir sind dann mal so frei, diese schmucken Erinnerungsrelikte für 7,- EURO inkl. Verpackung und Versand (in Schein und Briefmarken) all jenen feilzubieten, welchen an Devotionalien zu unserem Feiertag gelegen ist. Die Plakate sind mit FASCI/NATION-Stempel versehen, signiert und auf „München den 28.8.02“ datiert.
(FASCI/NATION . POSTFACH 430407 . 80734 MÜNCHEN)