Materialien 2004
Montagsdemonstration in München
— Keine Chance für Neonazis
Auch in München gibt es seit einigen Wochen eine Montagsdemonstration gegen Hartz IV. Am Montag, dem 23. August, hatte die Demonstration, die von der Bundesagentur für Arbeit über den Oberanger zum Marienplatz zog, rund 800 Teilnehmer. Damit verdoppelte sich die Zahl der Demonstranten im Vergleich zur Vorwoche. Die Aktion wird getragen von Erwerbsloseninitiativen und linken Gruppen; seit vergangenem Montag unterstützt auch die Gewerkschaft ver.di die Proteste in München. Damit befindet sich die Ortsverwaltung von ver.di im Gegensatz zur örtlichen DGB-Führung, die ihre Mitglieder vor einer Teilnahme warnte. Der DGB-Landes-Chef Fritz Schösser erklärte im Focus am 23. August: „In München versuchen rechtsextremistische und linksextremistische Gruppen anlässlich der Demonstration ihr politisches Süppchen zu kochen.“ Die Argumentation von Fritz Schösser ist absolut haltlos und politisch katastrophal. Schösser setzt umstandslos nazistische Verbrecher mit Menschen gleich, die über eine linke antifaschistische Gesinnung verfügen. Diese Vorgehensweise ist eine bekannte Masche, um den nazistischen Holocaust zu relativieren und zu verharmlosen. Das war sicher nicht die Absicht von Fritz Schösser, aber objektiv bedient er mit solchen Vergleichen den bundesdeutschen Geschichtsrevisionismus. Zudem ist dieser Vergleich eine Beleidigung der Demonstranten, die sich in München klar und eindeutig von nazistischen Organisationen distanzierten und entsprechend handelten.
Demonstration und Kundgebungen
Anmelderin Andrea Dumberger sagte bei der Auftaktkundgebung: „Wir haben einen antifaschistischen Konsens, Nazis haben mit unserem Anliegen nichts zu tun.“ Unter Parolen wie „Weg mit Hartz IV“ oder „gegen jeglichen Sozialkahlschlag“ setzte sich die Demonstration in Bewegung. Am Goetheplatz versuchte eine kleine Gruppe von Nazis in die Demonstration zu gelangen. Per Lautsprecher wurde auf diese Provokation aufmerksam gemacht und die ca. zwanzig Faschisten in die U-Bahnstation am Goetheplatz gejagt. Auf der Abschlusskundgebung am Marienplatz probierten die selben Figuren neuerlich, sich der Kundgebung anzuschließen und mit ausländerfeindlichen Parolen der Versammlung einen anderen Charakter zu geben. Die Naziprovokateure scheiterten umgehend; sie wurden von Kundgebungsteilnehmern attackiert und anschließend von der Polizei nach Aufforderung durch die Versammlungsleitung mit Platzverbot belegt. Die „braunen Kameraden“ zogen sich mit rund fünfzehn Personen auf den Odeonsplatz zurück. Die braune Bande bestehend aus NPD und KDS („Kampfbund deutscher Sozialisten“, der Stützpunkt München des KDS hat Leute aus der Umgebung des Naziterroristen Martin Wiese rekrutiert), scheiterte kläglich mit dem Versuch, die Münchner Montagsdemonstration zu instrumentalisieren.
Am Marienplatz hatten die Bürger und Bürgerinnen die Möglichkeit, über ein offenes Mikrophon ihre Meinung zum Sozialabbau kundzutun. Viele betroffene Arbeitslose berichteten über ihre Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt. Die Regelung, ab Januar von 345 Euro leben zu müssen, führt bei den arbeitslosen Menschen zu Angst und Wut. Schröders Agenda 2010 wurde generell kritisiert. Es sprachen auch Rentner und Betriebsräte gegen den Sozialabbau. Kein einziger Redner auf dem Marienplatz gebrauchte ausländerfeindliche oder gar antisemitische Wendungen. Kritisiert wurde die Umverteilung des Vermögens von unten nach oben. In München werden weiter Montagsdemonstrationen auf antifaschistischer und sozialer Grundlage stattfinden.
Max Brym
25. August 2004