Materialien 2008

Auf Kosten des Steuerzahlers ...

Nein, wir wollen Sie, liebe Leserin, lieber Leser nicht weiter mit Zumwinkel und Komplizen langweilen. Darüber haben Sie schon genug gelesen. Auch können wir ein gewisses Maß an Mitleid nicht unterdrücken. Da verkauft doch ein Mitarbeiter einer Liechtensteiner Bank sein Wissen, auf einer CD gespeichert, an die Steuerbehörden. Die Banken sind auch nicht mehr, was sie waren, und Steuerbetrüger haben es schon schwer heutzutage.

Ganz normale Geschäftsfälle führen zu Anforderungen an uns Steuerzahler in einer Höhe, gegen die sich die Steuerhinterziehungen von Zumwinkel & Co wie Kleingeld ausnehmen.

Die IKB zum Beispiel, als Bank für Kredite an mittelständische Unternehmen gegründet, kaufte für einige Milliarden (wie viel genau muss sich erst noch rausstellen) faule Hypothekenkredite aus den USA.

Was das mit dem deutschen Mittelstand zu tun hat? Sie stellen Fragen.

Die IKB-Bank fiel gewaltig auf die Nase. Auf einmal waren die Hypotheken-Papiere subprime geworden. Das ist neudeutsch für: Nix mehrwert.

Das sind so Geschäftsvorgänge, die auf Finanzmärkten vorkommen. Die betroffenen Banken müssen Verluste abschreiben; im schlimmsten Fall müssen sie eben Konkurs anmelden. Was aber tun die Bankiers, die Minister, die Wirtschaftswissenschaftler? Sie rufen den Staat (d.h. uns, die Steuerzahler) um Hilfe an.

Das ist der Skandal. Haben sie uns nicht alle jahrelang erzählt, das freie Unternehmertum sei das allerbeste für die Wirtschaft. Kapitalismus sorgt für Freiheit, Wohlstand für alle – na ja, Hartz IV-Empfänger müssen noch ein wenig warten, bis der Aufschwung auch zu ihnen kommt.

Waren Eingriffe des Staats in die Freiheit der Märkte, vor allem der Finanzmärkte, nicht sozialistisches Teufelswerk, das geradewegs in Elend und Unfreiheit führt? Schon über 6 Milliarden Euro hat eine staatliche Bank (Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW) hineingebuttert um die IKB abzusichern. Jetzt stehen die Herren Leistungsträger, die Werteschaffer, die Bankvorstände vor dem Finanzministerium: „Ey Steinbrück, hasse noch ne Milliarde für mich?“ Und was tut der Finanzminister? Er hält ihnen doch sicher eine Strafpredigt, er weist sie doch bestimmt und streng auf die freie Wirtschaft und ihre Verantwortung für Freiheit und Wohlstand hin! Weit gefehlt. Er schmeißt ihnen die Milliarde auch noch in den Rachen.

Haben nicht CDU, CSU, SPD und Grüne in holder Eintracht Steuerreform um Steuerreform durchgezogen, bis Unternehmer fast gar keine Steuern mehr und Arbeiter, Angestellte und Rentner fast alle Steuern zahlen müssen? Die Milliarde, Steinbrück, mit denen Du die freie Wirtschaft aus ihren Spekulationsverlusten rausreißt, ist unser Geld! Benutz das gefälligst für Umweltschutz, Universitäten, Straßen, Schulen und andere nützliche Dinge.

Tut er aber nicht! Tief verunsichert über die Freie Wirtschaft versinken wir ins Grübeln. Was, wenn nicht der frei waltende Kapitalismus kann uns zu Wohlstand und Freiheit führen?

Peter Eberlen


Westendnachrichten. Stadtteilzeitung für das Westend und die Schwanthalerhöh’ 137 vom März 2008, 6.

Überraschung

Jahr: 2008
Bereich: Finanzkrise

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