Flusslandschaft 1966

Rechtsextremismus

Am 15. Februar wird um Kurt Ziesel der nationalkonservative Verein Deutschland-Stiftung e.V. in München gegründet. Sein Selbstverständnis: „In der Erkenntnis, dass nicht die Macht des Bösen, sondern die Schwäche des Guten die Ursache für den Verfall und Untergang von Staaten und Völ-
kern ist, haben sehr rasch, ja geradezu spontan, führende Männer der Bundesrepublik den Ent-
schluss gefasst, diese aus staatsbürgerlicher Gesinnung und demokratischem Verantwortungsbe-
wusstsein geborene Gründung mit ihrem Rang und Namen zu unterstützen und damit zu bekun-
den, dass sie jene Gefahren erkannt hatten, welche die Existenz und den Auftrag des deutschen Kernstaates bedrohen: die zunehmende, interessengebundene Ausbreitung materialistischen Den-
kens, die Forderung nach hemmungsloser Freiheit mit dem kaum noch verdeckten Appell an infe-
riore Instinkte, ein versiegendes Geschichts- und Nationalbewusstsein, die Verächtlichmachung staatstragender und staatserhaltender Werte, die drohende Verewigung der Büßerrolle unseres Volkes, die Aushöhlung des Willens zur Selbstverteidigung, das Fehlen überzeugender Leitbilder und nicht zuletzt die gesteuerte Verharmlosung jenes Gegners, der den kalten Krieg ununterbro-
chen gegen uns weiterführt und mit seinen zahllosen bewussten und unbewussten Helfern unbeirr-
bar auf jene Stunde hinarbeitet, in der er nur noch den letzten Stoß zu vollziehen braucht …“1 Kurt Hirsch: „Ich betrachte die ,Deutschland-Stiftung’ als geistiges Zentrum, deren Gefährlichkeit darin liegt, dass sich hier Rechtsextreme mit Konservativen verbinden und verbünden, d.h., wir haben hier ein Wiederaufleben der unheilvollen Harzburger Front von 1931. Auch damals kam es zu einem Bündnis zwischen Konservativen und rechten antidemokratischen Kräften.“ Die Kampag-
nen der Deutschland-Stiftung der folgenden Jahre lösen Kampagnen einer kritischen Gegenöffent-
lichkeit aus.

Am 11. März meint ein Diskussionsredner bei einer NPD-Versammlung im Lohengrin in der Tür-
kenstraße 59 in der Maxvorstadt: „Wenn ich die asiatischen Horden gesehen habe, dann habe ich gesagt: ,Jungs, schießt, bis der Lauf der Maschinengewehre glüht’. Dann wussten wir, wenn die asiatischen Horden gekommen sind, wir kämpfen für unsere Mütter und unsere Töchter.“2

Gymnasiallehrer Franzjosef Mohr veranstaltet am Ernst-Adam-Gymnasium (Nymphenburger Gymnasium) mit den beiden Abiturklassen vor der Landtagswahl am 20. November eine Demon-
stration gegen die NPD. Dies hat sich aus dem Geschichts- und Sozialkundeunterricht ergeben. Ca. 60 Schülerinnen und Schüler ziehen mit ihrem Lehrer vom Königsplatz mit einem Transparent Richtung Odeonsplatz/Ludwigstraße. – Die NPD lädt für den 18. November zur Großveranstaltung in den Schwabinger Bräu, Leopoldstraße 82. Vor dem Lokal demonstrieren fünftausend Studen-
ten und Schüler.3 Auch im Andechser Hof in Herrsching findet eine NPD-Kundgebung statt.4 Nicht alle in den Sälen sind Rechtsextreme, viele protestieren und manche werden mit brachialen Methoden aus dem Saal entfernt. – Bei dieser Wahl zieht die NPD zum ersten und bisher einzigen Mal mit 7,42 Prozent in den Bayerischen Landtag ein. Ohne die Proteste wäre ihr Stimmanteil grö-
ßer. Die Bayernpartei und die FDP verpassen erstmals den Einzug in den Landtag. Die CSU erhält 48,14 Prozent, die SPD 35,76 Prozent.

(zuletzt geändert am 14.9.2019)


1 Die Deutschlandstiftung — rechte Apo von Dregger und Strauß? unter Mitarbeit von Hella Schlumberger mit einem Vorwort von Prof. Walter Jens, Schriftenreihe des „Pressedienst Demokratische Initiative“ 20, Wuppertal 1974, 10.

2 Zit. in: Graubuch. Expansionspolitik und Neonazismus in Westdeutschland. Hintergründe – Ziele – Methoden. Eine Dokumentation hg. vom Nationalrat der Nationalen Front, Berlin (DDR) 1967, 407.

3 Siehe „Wollt ihr die totale Idiotie ?“ von Hans Kolo.

4 Siehe „Abgeblitzt“ von Götz Eggers.