Materialien 2009

Rede zum feierlichen Gelöbnis

am Infostand beim Richard-Strauss-Brunnen am 30. Juli 2009

Es sagt sich so schlicht wie treffend, die anscheinend zeitgemäße, der Epoche der globalen Kriege angepasste Form des öffentlichen Soldatengelöbnisses sei ein groteskes Spektakel. Es bringt nämlich, wie jede wahrhafte Groteske, zum grellen, schreienden Vorschein, auf welcher schrecklichen Kulturhöhe wir uns tatsächlich befinden. Die menschlichen Automaten, die da in ihrer Einform stramm stehen, führen uns vor Augen, dass die Ordnung der Gesellschaft immer noch auf Gewaltanwendung beruht, nicht auf einer freiwilligen Vereinbarung oder gar der freien Assoziation der Einzelnen. Deswegen wird auch niemand jemals eigens gefragt werden, ob er mit dem Einsatz der Bonzenwehr am Hindukusch, am Horn von Afrika oder sonstwo einverstanden sei. Glaubt man den Umfragen, ist die Mehrheit der hierzulande wahlberechtigten Bürger nicht d’accord. Sie waren es bereits nicht mit der in den 50er Jahren begonnenen Wiederaufrüstung. An dieser Stelle soll erinnert werden, dass das gewissermaßen erste Opfer der Bundeswehr der aus Neuaubing gebürtige Jugendliche Philipp Müller gewesen ist, der 21-jährig bei einer Friedenskarawane gegen die Aufrüstung von der Essener Polizei erschossen wurde. Das war am 11. Mai 1952. Das vorläufig letzte Opfer ist ein Kind in Afghanistan, das an einem Kontrollpunkt der Bundeswehr bei Kundus getötet wurde, ein bedauerlicher Kollateralschaden, aber was, in aller Welt und um Himmels willen haben deutsche Soldaten eigentlich dort, in Nordafghanistan, verloren???!! Bei Philipp Müller hatte man anfangs noch behauptet, dass die Demonstranten zuerst geschossen hätten, im Falle des unglücklichen Kindes in Afghanistan musste auf eine derartige Lüge wohl verzichtet werden, zudem weiß schließlich ein jeder: Wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Nun gut, oder vielmehr schlecht, sollen sie doch ihre Gelöbnisse öffentlich machen, wir erkennen daran immerhin, dass Krieg ist und können bei diesem Anlass zeigen und aktiv bekräftigen, dass wir nicht damit einverstanden sind, dass wir nicht, wie seinerzeit der konservative Dichter Matthias Claudius, bloß passiv begehren, nicht daran schuld zu sein, sondern dass wir dieser ausschließlichen und eindeutigen Parlamentsarmee eben nicht die Lizenz zum Töten erteilt haben und sie auch niemals zu erteilen wünschen! Zumindest können wir die Rekruten und ihre Befehlshaber vielleicht ein wenig auslachen bei der Inszenierung ihres grotesken Spektakels, denn ich hoffe immer noch unverwüstlich, dass es ein befreiendes Lachen sein wird, das sie beerdigt.

Egon Günther


Mit freundlicher Genehmigung des Redners, GG.

Überraschung

Jahr: 2009
Bereich: Bundeswehr

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