Materialien 2009

Die Besetzung des Audimax

verfasst von SIM Dienstag, 17. November 2009, 1.20 Uhr

Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,

An dieser Stelle gebe ich eine Bewertung der Besetzung und ihrer Behandlung ab, wie ich sie erlebt habe. Ich betone hier, dass dies ausschließlich meine persönlichen Eindrücke und Bewertungen sind.

Vor der Besetzung der Akademie der Bildenden Künste ging eine kleine Gruppe von Studenten durch die Hörsäle und störte die Vorlesungen, um auf die Geschehnisse in Österreich aufmerksam zu machen und über die Solidarisierung anderer Universitäten, auch in Deutschland, zu informie-
ren. Darüber hinaus war die Aussage dieser Gruppe: „Die Einführung von Numerus Clausus und die mögliche Wiedereinführung der Studiengebühren ist nur eine Verschleierung von Einsparun-
gen im Bildungswesen, welches mit der Begründung ‚Es sei kein Geld da’ keine stärkere finanzielle Unterstützung erfuhr, während die Regierung scheinbar mit Leichtigkeit Steuersenkungen finan-
zieren wollte.“

Hierbei war bis dahin nur von den schlechten Studienbedingungen und ihrer Beseitigung zu hören. Letzterem wird wohl jeder Student unabhängig von Studienrichtung und politischer Gesinnung zu-
stimmen.

Einige Zeit später hörte ich von einem Kommilitonen, dass die Akademie der Bildenden Künste be-
setzt sei. An dieser Stelle dachte ich mir, dass sich etwas bewegen würde und die Medien deutlich stärker über die Proteste berichten würden, nur um dann festzustellen, dass die Reaktionen äußerst verhalten blieben.

Das Betreten der Akademie in diesem Zeitraum mit den Transparenten, Schildern und anderen Be-
schriftungen war zwar durchaus beeindruckend, doch regte sich außerhalb recht wenig. Die Akade-
mie war nun einmal abseits der eigentlichen Hochschule und hatte auch wenig symbolischen Cha-
rakter. Es musste zu einer Besetzung im Hauptgebäude der LMU kommen. Sonst wäre jeglicher Protest ungehört geblieben.

Doch die Organisation des Umzuges in den Audimax schien eine ziemlich große Herausforderung zu sein. Trotzdem wurde im Plenum vor und nach dem Wechsel in das Hauptgebäude zunächst mehr über das Diskutieren selbst und die Diskussionsetikette diskutiert als über die Organisation des Protestes. So kam es zu einiger Verwirrung, da sich einige Teilgruppen dazu entschlossen ha-
ben, selbstständig im Hauptgebäude umher zu wandern. Dabei wäre es fast noch zu einer Konfron-
tation mit zwei Gruppen gekommen, deren Namen ich hier nicht nennen werde.

Ferner schienen einige mehr auf Selbstbeweihräucherung aus gewesen zu sein als auf einen sinn-
vollen Protest, was in den späteren Plenumssitzungen ebenfalls vorkam.

Daher kann ich es gut verstehen, wenn die Besetzer und die Besetzung selbst kritisiert werden. Vor allem, wenn ich die Banner antifaschistischer Gruppierungen sehe, deren Ziele, so sinnvoll sie auch sein mögen, sich nicht mit den Zielen der Protestierenden decken, auch wenn sie uns unterstützen. Hier geht es schlicht und ergreifend um die Verbesserung der Studienbedingungen.

Natürlich stellt sich die Frage: „Wie könnt ihr behaupten, die Studienbedingungen verbessern zu wollen, wenn ihr das Studium mit dieser Aktion nur behindert?“

Selbst wenn die fraglichen Veranstaltungen nicht auf einen anderen Hörsaal verschoben werden können und daher ausfallen, muss man sich auch fragen: „Wenn wir auf unsere Probleme auf-
merksam machen wollen, welche andere Wahl haben wir?“

Die Besetzung der Akademie wurde kaum berücksichtigt, da man nun einmal unbequem sein muss, um berücksichtigt zu werden. Deshalb sind wir in den Audimax gegangen. Deshalb besetzen wir einen Ort mit starker Wirkung.

Die Politik hat immer wieder mit beschwichtigenden Worten um sich geworfen, aber effektiv nichts getan. Während es in Hessen keine Studiengebühren gibt, sagt der reichste Teil der Bundesrepu-
blik Deutschland, der Freistaat Bayern „Nein“ zur Bitte der Studierenden, die Studiengebühren ab-
zuschaffen. Während es einen starken Bedarf an zusätzlichen Räumen an den Münchner Hoch-
schulen gibt, werden 46 Millionen Euro für einen Museumsbau ausgegeben. Während wir in einem der reichsten Länder der Welt leben, gibt es sehr intelligente, junge Menschen, die sich eine Aus-
bildung an einer Universität mit Studiengebühren nicht leisten können. Das ist soziale Ungerech-
tigkeit.

Die Demonstrationen der vergangenen Semester, die Proteste in Österreich und die Besetzung unserer Universität haben das ehrenwerte Ziel, die Studiengebühren abzuschaffen und allen, die sich bilden wollen, dies zu ermöglichen. Nichts anderes soll geschehen.

Die Möglichkeit, Wissen über unsere Welt zu erhalten und zu mehren, ist das größte Geschenk, das uns unsere Eltern neben dem Leben machen konnten, und es ist das Größte, was wir unseren Kin-
dern schenken können. Warum sollten wir es ihnen nicht schenken?

Dafür demonstrieren die Studierenden der Ludwig-Maximilians-Universität. Nicht gegen Nazis. Nicht für Sozialismus. Sondern für die Freiheit der Bildung.


www.unsereunibrennt.de

Überraschung

Jahr: 2009
Bereich: StudentInnen

Referenzen