Materialien 1977

Offener Brief an vier Münchner Bankangestellte

Wir haben am 2. Februar 1977 in der Abendzeitung von ihrem „mutigen“ Einsatz gegen einen jugendlichen Arbeitslosen gelesen. Durch ihr beherztes Eingreifen haben Sie es dem Jugendlichen ermöglicht, die nächsten Jahre seines Lebens hinter Gittern zu verbringen. Sie haben dadurch selbstlos die Interessen der Bank zu Ihren eigenen gemacht. Selbstverständlich konnten Sie sich nicht die Interessen des jungen Arbeitslosen zu eigen machen, der sich etwas Geld holen wollte, um zu überleben. Wir wollen hier nicht auf die Gründe der Arbeitslosigkeit eingehen – auch nicht auf die Situation von Arbeitslosen – Arbeit oder keine Arbeit, das ist auch hier nicht das Problem. Wir müssen auf irgendeine Weise unseren Lebensunterhalt sichern. Im Kampf ums Überleben werden dabei leicht bestehende Grenzen überschritten; Grenzen die nicht wir gezogen haben – Gesetze, die man gegen uns verfasst hat.

Fünfzehn Jahre schweren Kerkers für Bankraub in Wien. Viereinhalb, sechs, sieben, zwölf Jahre für Bankraub in München und Berlin. „Was ist ein Bankraub gegen die Gründung einer Bank?“ (Bert Brecht)

Diese Welt hat zwei Gesichter.

Wir finden, in der Verteidigung der bestehenden Eigentumsordnung sind Sie einen Schritt zu weit gegangen.

N. N. – N. N. – Egon Günther


Blatt – Stadtzeitung für München 88a vom 18. Februar 1977, 20.

Überraschung

Jahr: 1977
Bereich: Lebensart

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