Materialien 1957
Sie Rindvieh!
An 17. und 18. Januar wurden Studenten der Universität der Ehre teilhaftig, auf Einladung der CSU-Hochschulgruppe die Pionierkaserne in München-Freimann besichtigen zu können. Ziel der Übung: Überzeugung Schwankender davon, wie sehr „unsere“ Bundeswehr die Idee des Bürgers in Uniform pflegt.
Es fehlte freilich nicht an Argumenten der Bundeswehr: Vom Abendessen (voller Magen stimmt milder) bis zum Fahren auf einen Panzerfahrzeug (gebt den Kerlen mal was zu spüren) war alles da. Zwischen diesen Genüssen gab es viele schöne Reden vom – äh – Bürger in Uniform und, ja, auch davon, dass man bei den Pionieren große Leistungen in den einzelnen Disziplinen des Kriegshandwerks durch Ausgabe von Prämien erreichen konnte. (Also ich würde auch für ein Bild von Marilyn mit Autogramm nicht spuren!) Das war der offizielle Teil.
Der inoffizielle aber war noch viel schöner; da waren nur noch sieben bis acht Studenten auf den Gelände (wovon die Herren Soldaten aber nichts wussten), die daran ihre helle Freude hatten, beim Appell einer Abteilung ungesehen zuschauen zu können. Die Luft zitterte von Trillerpfeifen (die wollen wir ihnen lassen, als Kinder haben wir ja auch Schaffner gespielt) und namhaftem Gebrüll. Wir waren erstaunt, denn jedes Kind weiß doch, dass brüllende Sergeanten nur von bolschewistischen Literaten erfunden werden, aber man konnte, beim heiligen Himmelstoss, einen Spieß schreien hören: „Stehen Sie endlich stramm, Sie Rindvieh!“ und was dergleichen bürgerliche Uniform-Redensarten mehr waren (und es waren mehr!).
Aber das sind ja nur bedauerliche Einzelfälle, unser Franz-Josef weiß bestimmt nichts davon.
Konrad Kittl
SDS – Münchner UniversitätsSpiegel. Hg. Von der Hochschulgruppe München des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes III – 1956/57, 3.